Druckindustrie

Mehr Zeit für den Mantel

Tarifliche Sondervereinbarung zur Corona-Pandemie: Manteltarifvertrag gilt ein Jahr länger | Lohnerhöhungen um drei Monate verschoben

Seine Tage waren gezählt: Der Manteltarifvertrag in der Druckindustrie wäre am 30. April 2021 ausgelaufen. Das war das Ergebnis der Tarifauseinandersetzung im vergangenen Jahr. Der Manteltarifvertrag – vom Unternehmerverband gekündigt – war nach einem harten Arbeitskampf und Streiks wieder in Kraft gesetzt worden. Ohne Verschlechterungen, allerdings befristet bis Ende April 2021.

Dann kam die Corona-Pandemie: Mit dem Lockdown brachen Anzeigen in Zeitungen weg, Auflagen und Umfänge schrumpften – der Zeitungsdruck war besonders betroffen. Quer durch die Republik wurde Kurzarbeit gemacht.

Im März forderte der Bundesverband Druck und Medien ver.di auf, die Lohnerhöhung auszusetzen. Das wies ver.di zurück.

Schnell war klar, dass die Corona-Krise kein vorübergehendes Phänomen war. »Wir mussten etwas unternehmen, um Arbeitsplätze zu halten und tarifliche Sicherheit zu organisieren«, erklärte Andreas Fröhlich von ver.di und forderte den Verband zu Verhandlungen auf.

Am 18. Mai einigten sich die beiden Tarifparteien darauf, den Manteltarifvertrag um ein Jahr und das Lohnabkommen um fünf Monate zu verlängern. Die Lohnerhöhung wird um drei Monate verschoben. Eine weitere Verschiebung um maximal fünf Monate ist per freiwilliger Betriebsvereinbarung und dem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen möglich.

Torsten Friedrich,

Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommission, des Bundesvorstands der Fachgruppe VDP und des Betriebsrats der Zeitungsdruckerei der Süddeutschen Zeitung, München

»Es war schon sensationell, dass wir es im vergangenen Jahr mit unseren Streiks und Aktionen geschafft haben, den Manteltarifvertrag wieder in Kraft zu setzen. Die Verlängerung um ein Jahr ist noch mal eine Steigerung. Die Leistungen aus dem Manteltarifvertrag bringen so viel mehr an Einkommen, dass die Verschiebung der Lohnerhöhung um drei Monate nicht sehr ins Gewicht fällt. Das hat unsere Belegschaft auch so unterstützt. Ich fand es zudem super, dass die Tarifkommission das Verhandlungsergebnis einstimmig angenommen hat. Hier möchte ich mich bei den Kollegen und Kolleginnen aus den Betrieben bedanken, die nicht von der Krise betroffen sind und die Verschiebung der Lohnerhöhung mittragen. Das wissen wir zu schätzen!«

Foto: privat

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Werner Bareth

Betriebsratsvorsitzender bei Huhtamaki in Ronsberg, Mitglied des Bundesvorstands der Fachgruppe Verlage, Druck und Papier (VDP) und der Tarif- und Verhandlungskommission

»Mich freut es, dass der Manteltarifvertrag ein Jahr länger gilt. Aber dafür haben wir auch einen Preis bezahlt. Denn bei der jüngsten Lohnrunde haben wir nur deshalb 1 Prozent mehr Lohn zugestimmt, weil 2021 mehr hätte herausgeholt werden können. Das ist nun passé, weil das Lohnabkommen bis Ende Januar 2022 läuft. Wir werden nächstes Jahr also mit einem mickrigen Prozent abgespeist. Die Verschiebung der Lohnerhöhung in diesem Jahr haben wir aus Solidarität mit den Betrieben mitgetragen, die von der Corona-Krise heftig erwischt wurden. Weil unsere Auftragslage bislang gut war, haben wir mal gleich bei der Geschäftsleitung darauf gedrungen, die Lohnerhöhung sofort zu zahlen. Die weigert sich allerdings.«

Elke Lang

Betriebsratsvorsitzende, Heilbronner Stimme, Mitglied des Bundesvorstands der Fachgruppe VDP und der Tarif- und Verhandlungskommission

»Erstmals haben wir unter Corona-Bedingungen verhandelt. ver.di hat sich mit Vertretern des Unternehmerverbandes in Berlin getroffen. Wir anderen wurden aus unseren Büros oder dem Homeoffice zu festen Zeiten zugeschaltet und haben in Telefonkonferenzen die Verhandlungsschritte diskutiert. Bis zum Nachmittag des 18. Mai schien alles festgefahren und kein Ergebnis in Sicht. Dann endlich der Durchbruch. Ich bin sehr froh, dass der Manteltarifvertrag nächstes Jahr nicht wieder in Gefahr ist. Vor allem haben wir keinen Verzicht akzeptiert. Das ist mir wichtig.«

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Foto: fotostudio-fieguth.de

René Rohde

Betriebsratsmitglied der Bundesdruckerei, Mitglied der Tarifkommission

»Das Verhandlungsergebnis ist ein guter Kompromiss. Entscheidend ist die Verlängerung des Manteltarifvertrags. Das bedeutet Sicherheit für die 35-Stunden-Woche, fürs Urlaubsgeld und die tarifliche Sonderzahlung, für Zuschläge und mehr. Die längere Laufzeit hat auch Vorteile für die Unternehmer. Sie haben Planungssicherheit und müssen keine Arbeitskämpfe fürchten. Die Verschiebung der Lohnerhöhung um drei Monate ist unser Beitrag. Das halte ich für verkraftbar. Wir in der Bundesdruckerei haben genau im Blick, was sich beim Flächentarifvertrag tut. Denn unser Haustarifvertrag orientiert sich am Manteltarifvertrag.«