Diese Ausgabe
Es war eine Zeit, als ein paar wenigen Grundbesitzern sämtliche Ländereien gehörten. Ihnen waren die Bauern untertan. Sie ackerten auf den Feldern, rodeten Wälder, legten Sümpfe trocken und schufteten vom ersten Hahnenschrei, bis die Sonne unterging. Die Bauern waren dem Grundherrn hörig, hatten keine Rechte und keinen Besitz und schuldeten ihrem Herrn Arbeitsleistungen (Fron) und Naturalabgaben. Ja doch. Wir sind gleich beim Kern der Geschichte. Nur noch kurz zur sogenannten Bauernbefreiung 1807 in Preußen: Das war das Ende der Frondienste und der Leibeigenschaft.
Genau dieser Teil mit der Bauernbefreiung muss manch einem Unternehmer entgangen sein. Denn sie behandeln Beschäftigte und Betriebsräte zuweilen heute noch wie Rechtlose. Haben sie sich im Jahrhundert vertan? Glauben sie, die Belegschaft ist der Rechtsprechung des Herrn unterworfen? Müsse tun, was er befiehlt? Liebe Unternehmer, jetzt ganz tapfer sein: So ist es nicht.
Michaela Böhm
Auch wenn es die Geschäftsführung nicht gerne sieht („Warum wirbst du für ver.di?“): Beschäftigte haben das Recht, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren. Das garantiert Artikel 9 des Grundgesetzes zur Koalitionsfreiheit. Sie haben das Recht, Tarifverträge zu fordern und für ihre Forderung zu streiken. Auch das leitet sich aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz ab. Wie ist es dann aber um das Demokratieverständnis eines Unternehmers bestellt, der Belegschaften mit schlechteren Arbeitsbedingungen bestraft, die von ihren Rechten Gebrauch machen? Fragen wir die Funke Mediengruppe („Rüder Umgang bei Funke“ und „Wenn Kaufleute das Sagen haben“).
Nicht zu vergessen die Firmengruppe Appl. Der Geschäftsführer und Gesellschafter hat dem Betriebsratsvorsitzenden der Buchbinderei schon öfter nahegelegt zu kündigen („Nach Gutsherrenart“). Weil der jedes Jahr seine ihm zu Unrecht vorenthaltene Sonderzahlung einklagt. Der Betriebsrat sei unsoli darisch mit der Firma, findet Appl, der Grundherr aus Wemding.