Tarif

Macht den Mantel zu!

Streiks für einen neuen Tarifvertrag in der Druckindustrie | Drei Verhandlungen ohne Ergebnis

Alle zusammen für mehr Geld und einen Manteltarifvertrag: Kolleg*innen aus der Redaktion der Süddeutschen Zeitung und vom Druckhaus legten die Arbeit nieder.

Die Streiks trafen manch einen Druckbetrieb aus heiterem Himmel. Der Manteltarifvertrag in der Druckindustrie wirkt seit November 2024 nur noch nach. Das heißt: Es gibt aktuell keinen zwingend wirkenden Manteltarifvertrag. Drei Verhandlungen mit dem Bundesverband Druck und Medien (BVDM) brachten bisher kein Ergebnis.

Erst 24 Stunden, dann 48 Stunden streikten Belegschaften aus einem Dutzend Betriebe im Februar und März. »Die Kollegen und Kolleginnen haben schon darauf gewartet, dass sie aufgerufen werden«, sagt Tarifkommissionsmitglied Torsten Friedrich vom Süddeutschen Verlag Zeitungsdruck. Die Beteiligung war gut, heißt es auch bei CPI Ebner & Spiegel. Ziel der Streiks: Die tariflose Zeit beenden und einen neuen Manteltarifvertrag abschließen – am besten unbefristet.

Fragen an die Verhandlungsführerin von ver.di:

DRUCK+PAPIER: Gibt es nach der dritten Verhandlung erste Zeichen für eine Annäherung?

Rachel Marquardt: Bei den Kernfragen sind wir zwar noch so weit voneinander entfernt wie nach der ersten Verhandlung. Doch wir sehen seit der dritten Verhandlungsrunde zumindest eine Chance, eine Einigung bezüglich eines neuen Manteltarifvertrags erreichen zu können.

Hat der Bundesverband Druck und Medien Interesse daran, den Manteltarif neu abzuschließen?

Einige Vertreter tun so, als würde sich durch die Nachwirkung nichts für die Beschäftigten ändern. Das ist falsch. Die Nachwirkung gilt nur so lange, bis es eine neue Regelung gibt. Man muss sich nur vorstellen, ein Druckunternehmen stellt die Belegschaft vor die Wahl: Entweder sie akzeptieren Einzelarbeitsverträge zu schlechteren Konditionen oder die Investition in die Maschine fällt flach. Die jetzige Situation macht Belegschaften und einzelne Beschäftigte erpressbar. Andere Vertreter beim Bundesverband könnten sich vorstellen, einen neuen Manteltarifvertrag abzuschließen, aber nur mit Verschlechterungen.

Rachel Marquardt, ver.di-Verhandlungsführerin
Foto: Kay Herschelmann

Sie wollen den Manteltarifvertrag erneut befristen und mit dem Ende der Laufzeit beim Lohnabkommen koppeln. In der Hoffnung, für eine Verlängerung des Mantels nehmt ihr auch kleinste Lohnerhöhungen in Kauf?

Exakt. Zudem will der BVDM unbedingt eine Öffnungsklausel für eine längere Wochenarbeitszeit von bis zu 38 Stunden durchsetzen. Da führt kein Weg rein! Mit dem Unternehmerverband in der Papierverarbeitung haben wir mit der Öffnungsklausel schlechte Erfahrungen gemacht. Was als kurzfristige Lösung für eine wirtschaftlich schwierige betriebliche Situation gedacht war, entpuppte sich als Dauerregelung mit der Folge eines Flickenteppichs mit unterschiedlichen Arbeitszeiten. Den Fehler machen wir nicht noch einmal. Es wäre vielmehr Zeit, die 35-Stunden-Woche auch im Osten einzuführen.

An welcher Stelle kann sich ver.di einen Kompromiss vorstellen?

Wir wären bereit, über die Anhänge zu reden, wenn gleichzeitig niemand seine Arbeit durch die Absenkung der Maschinenbesetzung verliert und der Facharbeiterschutz im Manteltarifvertrag verankert wird. Die Zusammenlegung von Jahresleistung und Urlaubsgeld wäre verhandelbar, nicht aber eine so heftige Absenkung von 164 auf 130 Prozent, wie sie dem BVDM vorschwebt. Bei solchen Punkten sind wir gesprächsbereit, aber – noch einmal – deutlich: Die 35-Stunden-Woche bleibt!

Zur vierten Verhandlungsrunde treffen sich ver.di und der Bundesverband Druck und Medien am 27. März 2025 in Berlin – nach Redaktionsschluss.

Zum Hintergrund

2018 hatte der Bundesverband Druck und Medien (BVDM) den Manteltarifvertrag gekündigt. Nach vielen Streiks und großen Protesten kam der Durchbruch: Der Manteltarif war wieder in Kraft. Allerdings befristet auf zwei Jahre. Während der Corona-Pandemie wurde er um ein Jahr verlängert und ein weiteres Mal für 30 Monate bis Oktober 2024. Seit 1. November 2024 wirken der Manteltarifvertrag und die Anhänge nur noch nach – so lange, bis es eine neue Regelung gibt.