Seit Wochen und Monaten prasseln neue Anforderungen auf Beschäftigte nieder. Mehr arbeiten, härter arbeiten, länger arbeiten. Bis 68 Jahre (»Wirtschaftsweise«), bis 69 (Bundesbank). So lange jede*r will (FDP). Keine abschlagsfreie Rente mehr nach 45 Beitragsjahren, also weg mit der »Rente mit 63« (FDP). Stattdessen soll Menschen »Lust auf Überstunden« gemacht werden (FDP). Und die Obergrenze für die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden soll fallen (CDU/CSU). Die Vorschläge fasst Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger am Tag der Arbeit knapp zusammen: »Wir brauchen mehr und nicht weniger Arbeit in Deutschland.« Die abhängig Beschäftigten kann Dulger nicht meinen. Denn in Deutschland wird so viel gearbeitet wie noch nie: 55 Milliarden Stunden in 2023. An Überstunden wurden 1,3 Milliarden geleistet, davon mehr als die Hälfte unbezahlt.
Gleichzeitig winken Geschenke – aber halt nicht für abhängig Beschäftigte. Der Soli soll abgeschafft werden (FDP). Das würde Spitzenverdiener*innen und Kapitalgesellschaften entlasten und zwölf Milliarden Euro kosten. Und die Einkommensteuer soll gesenkt werden (FDP) – für Besserverdienende. Macht 23 Milliarden Euro.
Das ist die Strategie der Neoliberalen: Erst Steuern senken und dadurch die Staatseinnahmen drosseln. Dann sagen, sorry, die Staatskasse ist leer. Gibt nix zu verschenken. Zeit zum Sparen. Und dann geht’s an die Sozialausgaben. Angeblich ist kein Geld da für eine anständige Kindergrundsicherung, für Zuschüsse zur Pflegeversicherung, für eine ordentliche Rente.
Klar ist Geld da. Der Staat müsste große Erbschaften und Vermögen besteuern und keine Steuergeschenke verteilen. Wie hat Arbeitgeberpräsident Dulger angemahnt: »Es gibt keinen anstrengungslosen Wohlstand.« Ja, Herr Dulger, das sollte endlich mal für die gelten, die mit Nichtstun Reichtum anhäufen.