Arbeit

Mein rechter, rechter Platz ist frei

Homeoffice stabilisiert sich | Zunehmend leere Büros | Unternehmen vermieten Flächen | Neue Arbeitsorganisation

Die einen arbeiten zu Hause, die anderen suchen sich einen Schreibtisch – bei Süddeutsche Zeitung Digitale Medien. 

Christiane Göbel arbeitet, wie und wo sie will. Braucht sie für eine Arbeit Ruhe, klappt sie den Laptop an ihrem Küchentisch auf. »Oder auch, wenn ich zu bequem bin, ins Büro zu radeln.« Die 65-Jährige ist bei Giesecke+Devrient in München für Projektcontrolling und Ressourcenmanagement zuständig. Für die zwei oder drei Bürotage pro Woche bucht sie ihren Arbeitsplatz über eine App. Das funktioniert ähnlich wie die Buchung von Sitzplätzen im ICE. Nur sieht Christiane Göbel auch, neben wem sie arbeiten wird. Ist das der laute Telefonierer, bucht sie um.

In der Firma holt sie aus ihrem persönlichen Spind Tastatur, Maus und Headset, Teekanne und Tasse. Mehr passt nicht rein. Manche beschweren sich über die kleinen Spinde. Ihr genügt der Platz. Ihren Laptop hat sie immer dabei, falls sie sich spontan fürs Homeoffice entschließt. Christiane Göbel zieht den Stuhl an den gebuchten Schreibtisch, stöpselt sich ein, Headset auf, los geht’s.

»Viele Beschäftigte arbeiten regelmäßig von zu Hause aus, manche kommen gar nicht mehr ins Büro«, sagt Eva Schäflein, die Betriebsratsvorsitzende des Gemeinschaftsbetriebs von Giesecke+Devrient. Die beiden Tiefgaragen sind montags und freitags fast leer; die Kantine verkauft statt der 1.200 Essen pro Tag wie früher nur noch knapp die Hälfte. Anwesenheitspflicht gibt es nicht. Solange die Zahlen stimmten, sagt Eva Schäflein, akzeptiere die Unternehmensleitung das mobile Arbeiten. Da viele Büros leer standen, entschied der Konzern, angemietete Bürofläche aufzugeben, die Zahl der Arbeitsplätze am Hauptstandort zu integrieren und somit Büroflächen zu verdichten. Das spart Geld. Nach Angaben des Ifo-Instituts will jedes elfte Unternehmen in Deutschland seine Büroflächen verkleinern.

Manche weinen beim Räumen

Wer nicht mehr jeden Tag an seinem Schreibtisch im Büro sitzt, hat nun keinen eigenen mehr. Das nennt sich Desksharing: den Schreibtisch teilen. Tatsächlich gibt es weniger Plätze als Büro-Beschäftigte und die suchen sich stets aufs Neue einen Platz zum Arbeiten. Die Arbeitsorganisation verändert sich: Großraumbüros und Telefonboxen statt vertrauter Arbeitsumgebung. Christiane Göbel kommt damit zurecht. Andere weniger. Sie schmerzt es, Pflanzen zu entsorgen und Fotos wegzuschaffen. »Manche weinten beim Räumen ihres Arbeitsplatzes«, erzählt eine Betriebsrätin.

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