Editorial

»Das kriegen wir hin. Mit etwas gutem Willen.« Die Frau ist zuversichtlich, dass die Stadt Haltern am See mit der geplanten Flüchtlingsunterkunft für 400 Menschen klarkommen wird.

»Die Hilfsbereitschaft in Haltern ist ziemlich groß«, sagt eine weitere Passantin dem ARD-Fernsehmagazin Monitor. In Haltern am See gibt es ein Haus der Begegnung für Halterner und Geflüchtete und viele engagierte Menschen im Asylkreis.

In anderen Städten, Gemeinden und Landkreisen ist es ähnlich: Die Anspannung durch das Ankommen vieler Geflüchteter ist zwar hoch, aber zu bewältigen. Doch in der Öffentlichkeit ist immer nur die Rede von der Überforderung der Kommunen.

Zweites Reizwort: »irreguläre Migration«. Merz, Spahn, Wüst, Kretschmann, Faeser sagen es. Klingt wie illegal, unehrlich, rechtswidrig, kriminell. In unseren Köpfen verschmelzen Migrant und Straftäter zu einem Wort. Das ist gewollt. Was nicht gesagt wird: Reguläre Wege nach Deutschland gibt es für Menschen außerhalb der Europäischen Union und bis auf die dringlich gebrauchten Fachkräfte so gut wie keine. Über 70 Prozent der Menschen, deren Asylgründe geprüft werden, bekommen Schutz in Deutschland. Sprich: Die meisten Menschen, die kommen, haben allen Grund für Asyl. Doch manche Politiker*innen reden wider besseres Wissen von irregulärer Migration. Negative Emotionalisierung statt Fakten. Spaltung statt Zusammenhalt. Der Soziologe Steffen Mau sagt, wenn Spaltungen vorkommen oder sich verstärken, dann kämen sie von oben in die Gesellschaft. Politik beeinflusse die Gesellschaft und nicht umgekehrt. Lassen wir uns nicht instrumentalisieren! Gegen das Gefühl von Ohnmacht hilft Engagement: Wo werde ich gebraucht? Wo kann ich mich einsetzen? Bei Streiks und Kundgebungen, im Betrieb und der Gewerkschaft oder im Asylkreis wie in Haltern. Schöne Feiertage und bleiben wir zuversichtlich!