Mein Standpunkt

Was hältst du vom Recht auf einen Ausbildungsplatz?

»Ich kann der Ausbildungsgarantie nicht viel abgewinnen. Denn damit werden die Unternehmen aus der Pflicht genommen, junge Menschen auszubilden. Von Jahr zu Jahr sinkt die Zahl der Ausbildungsplätze. Bundesweit bildet nur noch einer von fünf Betrieben aus. Es kann doch nicht sein, dass diese 19 Prozent den gesamten Fachkräftebedarf decken sollen. Jeder schreit nach Fachkräften, aber ausbilden wollen immer weniger Unternehmen. Das passt nicht zusammen.

Es ist mir bewusst, dass sich die Gewerkschaften lange für die Ausbildungsgarantie eingesetzt haben. Und auch dieses Ausbildungsjahr werden wieder zigtausende junge Leute keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Das soll ab 1. August 2024 anders werden. Dann gilt das Recht auf eine überbetriebliche Ausbildung. Allerdings müssen die jungen Leute ein paar Hürden bewältigen. Jemand muss nachweisen, dass die Bewerbungen erfolglos waren, muss bei der Berufsberatung gewesen sein und in einer Region leben, in der es nicht genügend Ausbildungsplätze gibt. Wer umziehen muss für die Ausbildung, bekommt einen Mobilitätszuschuss.

Stephan Sager, Betriebsratsvorsitzender bei Schur Pack in Gallin
Foto: privat

Solche überbetrieblichen Ausbildungen bei einem Bildungsträger sind meines Erachtens nur zweite Wahl. Es fehlen der Kontakt zu Kundschaft und erfahrenen Kolleg*innen sowie die Praxisnähe. Sehr viel sympathischer finde ich das Bremer Modell. In Bremen gibt es seit diesem Jahr einen Ausbildungsfonds, in den alle Unternehmen einen bestimmten Anteil ihrer Bruttolohnsumme einzahlen. Aus diesem Fonds erhalten dann Ausbildungsbetriebe eine finanzielle Unterstützung. Je mehr Azubis ein Betrieb beschäftigt, desto mehr Geld gibt es. Ein Unternehmen, das nicht ausbildet, unterstützt zumindest mit dem Geld die Ausbildungsbetriebe. Das sollte bundesweit gelten.«