Tarif

Mit vollem Tempo in die Streiks

Nach vielen Arbeitsniederlegungen: drei Lohnsteigerungen und zwei Einmalzahlungen

Die erste Rate von 1.000 Euro ist bereits auf den Konten der Beschäftigten eingegangen. So wie es das Tarifergebnis für die Papierverarbeitung vorsieht.

Ein Blick zurück: Es ist Februar, nass, kalt, Schneeregen. Eine Meldung nach der anderen aus verschiedenen Gegenden in Deutschland trifft bei ver.di in Berlin ein: »Die ganze Schicht ist draußen.« Und: »Wieder zehn Neueintritte.« Oder: »Nacht- und Frühschicht machen mit.« Produktion lahmgelegt, Maschinen stehen still, Streikbrecher heimgeschickt.

Die Streiks hatten schnell Fahrt aufgenommen. Manche Belegschaften starteten mit wenigen Stunden und steigerten sich auf alle drei Schichten bis zu Arbeitsniederlegungen über zwei Tage. Darunter waren viele Nicht-Mitglieder, Kolleg*innen, die erstmals streikten, und solche, die sich nach langer Zeit wieder in einer Tarifauseinandersetzung engagierten. Die Bilanz: 14.500 Beschäftigte aus rund 90 Betrieben haben in dieser Tarifrunde Druck auf den Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung (hpv) gemacht.

Das war auch notwendig. Die Verhandlungen schleppten sich ohne nennenswerte Fortschritte dahin. »Schon bald waren alle Argumente ausgetauscht, wiederholt und nochmals ausgetauscht«, sagt ver.di-Verhandlungsführer Frank Schreckenberg. Nach der vierten Verhandlung am 26. März lag immer noch kein akzeptables Angebot des Unternehmerverbandes vor – nur eines mit langer Laufzeit und niedriger Lohnsteigerung.

Die Weigerung des Unternehmerverbandes, sich zu einem besseren Angebot durchzuringen, und die enorme Preissteigerung waren für die hohe Beteiligung bei den Streiks ausschlaggebend. Schließlich ist die Tarifrunde am 13. April nach fünf Verhandlungsrunden beendet, die Mitglieder sind befragt worden und die Tarifkommission hat dem Ergebnis zugestimmt.

Mehr Lohn in die Tabelle

»Ein harter Arbeitskampf«, urteilte Cihangir Yilmaz, ver.di-Aktiver und Betriebsratsvorsitzender von DS Smith in Fulda. Er hat sich in der Produktion bei den Kolleg*innen umgehört. Es ist ein Tarifergebnis, das erst auf den zweiten Blick gut ankommt. Im Vergleich mit Abschlüssen in der Metall- und Elektroindustrie, der Chemie und Papiererzeugung könne sich das Ergebnis aber durchaus sehen lassen, sagt Frank Schreckenberg.

»Die Kollegen waren am Anfang sauer über das Ergebnis«, berichtet Tarifkommissionsmitglied Ralf Köpke von Smurfit Kappa in Lauenburg. Mittlerweile habe sich die Aufregung jedoch gelegt. Die Beschäftigten hätten gerechnet: Um 8,6 Prozent erhöhen sich die Löhne und Gehälter in den Tariftabellen – und zwar dauerhaft. Kritisiert wurde die lange Laufzeit von 24 Monaten und der lange Zeitraum von sieben Monaten bis zur ersten tabellenwirksamen Zahlung. Ebenso wie der späte Zeitpunkt der dritten Lohnerhöhung und die fehlende dritte Einmalzahlung.

Die Bundesregierung hatte als Teil des dritten Entlastungspakets eine steuer- und abgabenfreie Prämie von maximal 3.000 Euro auf den Weg gebracht. Diese sogenannte Inflationsausgleichsprämie ist als freiwillige Leistung gedacht – Unternehmen können sie zahlen oder auch nicht. Bei der Papierverarbeitung sind 2.000 Euro als Teil des Tarifvertrags verhandelt worden. Demnach sind die Unternehmen zur Auszahlung der Prämie verpflichtet. »Passt!«, lautet der knappe Kommentar aus Niederbayern von Christian Fuchs von Bischof+Klein.

Im Winter 2024 wird es wieder heißen: mehr Lohn in die Tabelle!