Editorial

Die rote Nelke ist verwelkt. Das Transparent steht eingerollt im Keller. Der Internationale Frauentag am 8. März ist vorbei. Auch der Equal Pay Day vom 7. März. Der markiert rechnerisch den Tag, bis zu dem Frauen seit Jahresbeginn ohne Lohn arbeiten, während Männer bereits entlohnt werden. In Zahlen: Frauen erhielten 2022 einen durchschnittlichen Stundenverdienst von 20,05 Euro – 4,31 Euro weniger als Männer.

Jaja, wissen wir: Frauen arbeiten öfter Teilzeit und in kleineren Betrieben (wo seltener nach Tarif bezahlt wird), haben häufiger soziale Berufe und »dieses krasse Hobby – Kinder« (Comedian Carolin Kebekus). Da ist der Verdienst halt geringer.

Übrigens: Es ist dämlich, jungen Frauen zu empfehlen, sich andere Berufe als Erzieherin oder Altenpflegerin auszusuchen, weil man da so wenig verdient. Wer bringt denn dem angehenden IT-Genie soziales Verhalten bei? Und wer wechselt ihm im Alter die Windeln? Also: Gehälter in sozialen Berufen müssen steigen!

Wie erklärt sich aber, dass Frauen bei gleicher Qualifikation und ähnlicher Tätigkeit sieben Prozent weniger verdienen? Männer verhandeln besser? Auf Scheinargumenten können sich Unternehmen nicht mehr ausruhen. Frauen für die gleiche Arbeit weniger zu bezahlen als Männern, ist eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Hat das Bundesarbeitsgericht am 16. Februar 2023 entschieden.

Es kann allerdings nicht sein, dass Frauen ihr Recht bis zur höchsten Instanz durchklagen müssen. Was Frauen (und Männer) brauchen, sind Tarifverträge. Damit sind die Einkommen höher und gerechter. Was Eltern brauchen, ist eine gute Kinderbetreuung. Was wir nicht brauchen, sind Minijobs und Ehegattensplitting. Lasst uns mit der Gleichberechtigung nicht bis zum nächsten Frauentag warten. Frauen verdienen mehr!

Michaela Böhm