Tarif

Steigende Preise? Höhere Löhne!

Tarifrunde in der Papierverarbeitung startet 2023: »So viele Prozente wie möglich!« | 
Kurze Laufzeit | ver.di fragt die Beschäftigten

ver.di fordert 10,5 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Und die Papierverarbeitung? Das war bis 
Redaktionsschluss noch nicht entschieden. Die Tarifkommission beschließt die Forderung für die 100.000 Beschäftigten 
am 12. Dezember 2022.

Foto: privat

Uwe Dohe, Mitglied der Tarifkommission und Betriebsratsvorsitzender Bischof+Klein, Lengerich:

»So oft wie in diesem Jahr bin ich noch nie gefragt worden, wann die Tarifrunde losgeht. Die Kollegen und Kolleginnen erwarten, dass die Lohnerhöhung die Inflation ausgleicht. Vieles 
ist horrend teuer geworden, ob Lebensmittel, Gas oder Benzin. Schichtarbeiter sind aber aufs Auto angewiesen. Hier in der Gegend fährt allenfalls morgens und mittags der Schulbus. Dann nützt auch das 49-Euro-Ticket nichts.

Wir sind alle keine Großverdiener*innen und viele Beschäftigte haben keine Reserven, auf die sie zurückgreifen könnten. Klar, für die Unternehmen ist auch vieles teurer geworden. Aber sie können einen Großteil der gestiegenen Preise an die Kundschaft weitergeben. Wir nicht. Außerdem hat Bischof+Klein während der Corona-Pandemie richtig gut verdient, aber eine Corona-Prämie hat es für uns nicht gegeben. Wir wollen Löhne und Gehälter, von denen 
wir gut leben können. Dafür sind die Kolleg*innen auch bereit zu streiken. Die Laufzeit des 
Tarifvertrags sollte nur ein Jahr betragen. In unsicheren Zeiten ist es besser, auf kurze Lauf
zeiten zu setzen.«

Werner Kulack, Mitglied der Tarifkommission und Betriebsratsvorsitzender bei DS Smith in Minden:

»Die enormen Preissteigerungen machen besonders den Kolleg*innen in den unteren Entgeltgruppen sehr zu schaffen. Wie dramatisch das inzwischen ist, zeigt sich daran, dass zwei Kollegen zu einem anderen Unternehmen gewechselt sind. Das zahlt zwar weniger Lohn, liegt aber näher an deren Wohnort. Sie konnten sich die Benzinkosten für den Arbeitsweg nicht mehr leisten. Dabei kann das Unternehmen auf keine Arbeitskraft verzichten. Wir suchen dringend Fachleute und Auszubildende und behelfen uns mit Leiharbeitskräften.

Wir sollten eine zweistellige Forderung stellen. Ich bin aber gegen eine Einmalzahlung. So verlockend eine größere Summe jetzt auch ist – sie ist einmal gezahlt und einmal ausgegeben. Langfristig verlieren wir damit Einkommen. Anders die prozentualen Lohnerhöhungen: Sie wirken sich dauerhaft auf die Lohntabelle aus. Deshalb müssen wir so viele Prozente wie möglich rausholen. Die Laufzeit des Tarifvertrags sollte zwölf Monate sein. In diesen unsicheren Zeiten ist es nicht gut, sich lange festzulegen.«

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Armin Sackewitz, 
Mitglied der Tarifkommission 
und Betriebsratsvorsitzender 
der Marburger Tapetenfabrik:

»Wir haben in der Tapetenbranche eine schwierige Situation. Normalerweise wäre der Herbst eine umsatzstarke Zeit. Aber seitdem die Preise so anziehen und Gas- und Stromabschläge in die Höhe schnellen, ist die Kundschaft enorm zurückhaltend. Wer sich fragen muss, ob er die Wohnung warm oder schön haben will, wird sich für das Heizen entscheiden. Tapeten sind eben ein Luxusgut. 
Bei uns schlägt die Krise doppelt zu: Die Kolleg*innen 
müssen mehr für Lebensmittel, Energie und Benzin 
zahlen und gleichzeitig bricht der Umsatz ein. Da geht die Angst vor Kurzarbeit um. Inzwischen hat manch ein Beschäftigter seine betriebliche Altersvorsorge beitragsfrei gestellt, um den Lohn für den Lebensunterhalt zu ver
wenden. Aber weil die Kolleg*innen – anders als Unternehmen – die höheren Preise nicht an die Kundschaft 
weiterreichen können, bin ich unbedingt dafür, dass die Löhne steigen.«

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Ralf Köpke, Mitglied der Tarifkommission und Betriebsratsvorsitzender bei Smurfit Kappa in Lauenburg:

»Die Zeiten sind nicht einfach. Seit Herbstbeginn verschlechtert sich die Auftragslage in fast allen Werken. Es kommt vor, dass an einzelnen Tagen alle drei Schichten abgesagt werden. Das macht den Kolleg*innen Sorgen. Es treibt sie aber auch um, wie sie die hohen Lebensmittelpreise, die Benzinkosten, Gas- und Stromabschläge und Nachzahlungen stemmen sollen. Ich erwarte von einem so großen Unternehmen wie Smurfit Kappa, dass eine Energieunterstützung in Form einer Einmalzahlung geleistet wird. Damit müssen nicht zuletzt die unteren Lohngruppen unterstützt werden. Da davon auszugehen ist, dass die Inflation weiter steigt und die Preise nicht so bald wieder aufs Vorniveau fallen, brauchen wir eine tabellenwirksame Lohnerhöhung. Eine zweistellige Forderung sollte es schon sein, ist die Meinung der Kolleg*innen. Smurfit Kappa hat zwei Rekordjahre hinter sich. Die Corona-Pandemie hat für eine enorme Auslastung der Werke gesorgt. Die Belegschaft ist am Limit. Jetzt muss sie ihren Anteil erhalten.«

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Benjamin Epple , Mitglied der Tarifkommission und Betriebsratsvorsitzender Carl Edelmann, Heidenheim:

»Viele Kollegen und Kolleginnen würden es gut finden, wenn gleich ein ordentlicher Betrag aufs Konto kommt. Das sollte eine vierstellige Summe sein, um etwa die Nachzahlung fürs Gas zu begleichen. So was wie die Inflationsausgleichsprämie. Dazu noch eine tabellen
wirksame Erhöhung – das wäre eine gute Kombination. Die Kollegen und Kolleginnen müssen davon profitieren, wenn es im Unternehmen gut läuft. Bei uns hat 
es trotz voller Auftragsbücher und zusätzlicher Arbeitsbelastung, etwa durch Corona-Schutzmaßnahmen und Maskenpflicht, keine Corona-Prämie gegeben. Das finde 
ich nicht in Ordnung. Eine Forderung von 10,5 Prozent mehr Lohn wie im öffentlichen Dienst würde ich gut 
finden, aber dann muss auch der Abschluss nah an der 
Forderung sein. Dazu eine kurze Laufzeit, damit bei 
extremen Veränderungen beide Tarifpartner schnell reagieren können, das wär’s!«