Editorial

Stellen wir uns vor, das Personal der Intensivstationen würde sich eine Auszeit nehmen. Einmal durchschnaufen, Kongresse besuchen oder in Talkshows gehen. Weg von den vollen Corona-Stationen. Unvorstellbar? Stimmt. Sie machen weiter. Pausenlos.

Anders die Politik. Sie hatte sich eine Auszeit von der Corona-Krise genommen und Wahlkampf gemacht. Auf Plätzen schwadroniert und in Mikrofone fabuliert. Als das Wahlergebnis feststand, zeigten sich die künftigen Koalitionär*innen mit Selfie, zogen sich zurück und bastelten an der Ampel.

Währenddessen hielt Lothar Wieler vom Robert Koch-Institut seine Brandrede, mahnten Virolog*innen und Epidemiolog*innen, endlich etwas zu tun. Was tut die Ampel? Sie feiert sich. Gleichzeitig steigt die Zahl der Corona-Toten.

Die Menschen sind verärgert, erbost, verunsichert. Sie stehen Schlange für eine Erst- oder Auffrischungsimpfung. Wer Pech hat, wird weggeschickt. Jetzt fehlt wieder Impfstoff. Viele Impfzentren sind zu, in Hausarztpraxen ist der Teufel los. Ein Termin? Kommen Sie im Januar vorbei. In den Schulen wird wieder gelüftet, in den Gesundheitsämtern gefaxt, in den Fußballstadien auf den vollen Rängen gejubelt – maskenlos.

Seit 24. November gilt die 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Ob Büro, Produktion, Lager oder Kantine – rein darf nur, wer geimpft, genesen oder negativ getestet ist. Gute Regelung. Aber Monate zu spät. Wir haben zu wenige Geimpfte und zu viele Sorglose, Verbohrte, Bequeme. Zu viele Ankündigungen und zu wenig Traute, der Wissenschaft zu folgen. Mögen Bund und Länder aus dem Modus des Zauderns und Zögerns finden. Wer sich unbeliebt macht, hat zumindest gute Chancen, ernst genommen zu werden.

Trotz alledem: Bleiben wir zuversichtlich! Wir wünschen euch gute Feiertage und ein besseres neues Jahr!