Unterwegs zur Stuzubi
Die Berufe der Druckindustrie und Papierverarbeitung stehen bei jungen Leuten auf der Studien- und Ausbildungsmesse Stuzubi in Stuttgart nicht hoch im Kurs. Bei der Berufsschule aber auch nicht.
Lange Schlangen bilden sich vor den Ständen der Behörden: der Polizei, der Generalzolldirektion oder des Landesamts für Besoldung und Versorgung. Infos über die Berufe in der Druckindustrie und Papierverarbeitung bietet einzig die Johannes-Gutenberg-Schule Stuttgart. Sie wirbt mit kunstvoll gestalteten Veranstaltungsplakaten, bunten Postkarten und coolen Motiven auf Körperpflegeprodukten.
Um die Druckberufe geht es hier nur nebenbei. Das Interesse der jungen Leute an der Branche sei eher gering, sagt Thomas Dulisch, Lehrer an der Johannes-Gutenberg-Schule. Gefragt seien dagegen die Ausbildungen für angehende Fotograf*innen und Mediengestalter*innen Digital und Print.
Druckberufe sind unbekannt
»Sind Sie kreativ?« Mit der Frage locken die Lehrer*innen am Stand der berufsbildenden Schule die Vorbeischlendernden. Celina, 15, fühlt sich sofort angesprochen. Ihr liege besonders Grafik und Design. Wieder keine, die sich für die Berufe der Druckindustrie und Papierverarbeitung interessiert. Nicht anders Ronja, 19, die gerade Abitur gemacht hat. Sie informiert sich über die Ausbildung zur Fotografin.
Diese Tendenz lasse sich auch an den Klickzahlen der Homepage der Schule ablesen: Sie seien hoch, wenn es um Mediengestaltung gehe, an zweiter Stelle komme die Fotografie und dann erst einmal lange gar nichts, so Thomas Dulisch. Seine Einschätzung: Die Berufe im Bereich Druck, Druckverarbeitung oder Siebdruck seien den Jugendlichen heute so gut wie unbekannt. Das gelte auch für den Beruf des/der Packmitteltechnolog*in. Dabei würde diese Branche boomen, wenn man an die großen Online-Versandhäuser und den hohen Bedarf an Verpackungen denke.
Immer weniger Azubis
Als sie vor 30 Jahren an der Schule als Deutschlehrerin angefangen habe, seien es noch neun Parallelklassen für angehende Drucker*innen gewesen, berichtet Elisabeth Utz. Heute gibt es nur noch eine Klasse mit zehn Schüler*innen. Dass die gedruckten Medien immer mehr durchs Internet ersetzt und Arbeitsplätze in der Druckindustrie weniger werden, sind aber nur zwei Gründe. »Aktuell werden die Jahrgänge aller Ausbildungsgänge immer kleiner, aber eben in unterschiedlicher Geschwindigkeit und nicht nur wegen des Geburtenrückgangs.«
Zum einen gebe es immer weniger Betriebe, die ausbilden, zum anderen immer weniger geeignete Bewerber*innen. Gerade in den Medienberufen würden in der Regel eher überqualifizierte Bewerber*innen eingestellt. »Mehr als die Hälfte der Schüler*innen kommen mit Fachabitur oder Abitur zu uns. Sie sind in der Regel volljährig, damit sie dank Führerschein mobil sein können – für manche Firmen eine Voraussetzung für einen Ausbildungsvertrag.«
Geh in den Digitaldruck!
Was sagt nun Thomas Dulisch einem jungen Menschen, der trotz der Krise in der Branche Drucker*in werden will? »Er soll sich auf jeden Fall bewerben. Er wird nach wie vor gebraucht. Aber er sollte schauen, dass er in einer Digitaldruckerei unterkommt.« Der Digitaldruck sei der einzige Bereich mit Wachstumsraten. »Weil sich damit kostengünstig auch kleine Auflagen und sogar Unikate wie Fotobücher produzieren lassen.«
Weil es keine spezielle Berufsausbildung für den Digitaldruck gibt, hat die Johannes-Gutenberg-Schule jetzt einen gemeinsamen Sonderunterricht für ihre Mediengestalter*innen und Medientechnolog*innen Druck eingeführt und eine Digitaldruckmaschine angeschafft.
Die Stuzubi-Messe hat Mitte Oktober und damit vor dem neuerlichen Shutdown stattgefunden.