Unterwegs zu

#VerlageGegenRechts

Die Frankfurter Buchmesse ist die größte Bücherschau auf der Welt – mit hitzigen Debatten, schlechter Luft, überhöhten Brötchenpreisen und einer Hommage an Literatur, Lesen und Bücher. Sie ist aber auch der Mikrokosmos einer Welt, »die in keinem guten Zustand ist«, wie der Schriftsteller Salman Rushdie sagte.

Die Konflikte und Krisen der Welt kochten – allerdings nur mit Worten – auch in den Messehallen hoch. Nach dem Terrorangriff der Hamas blieb der Stand Israels leer. Dort war stattdessen ein Gedicht zu lesen. Tumult gab es bei der Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek. Er hatte die Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung verurteilt und zugleich betont, man müsse auch den Palästinensern zuhören und deren Hintergrund beachten, wenn man den Konflikt verstehen wolle. Die nächste Debatte entzündete sich daran, dass die Verleihung des LiBeraturpreises an die israelisch-palästinensische Schriftstellerin Adania Shibli verschoben wurde.

Fast ging ein Thema unter, das auf den beiden deutschen Buchmessen seit Jahren schwelt: die Präsenz rechtsextremer Verlage. 2016 hatten sich einige Verlagsleute auf der Leipziger Buchmesse spontan unter dem Hashtag #VerlageGegenRechts zusammengetan. Mit Flashmobs protestierten sie auf der Messe gegen das rechte Magazin Compact um Jürgen Elsässer.

Ein Jahr später machten sich mehrere nationalistische, rechtsextreme Verlage auf der Frankfurter Buchmesse breit. Einer davon wurde direkt neben die Bildungsstätte Anne Frank platziert. Wohl mit dem Ziel, einen Dialog zu initiieren. »Wir wurden aus dem rechten Verlag verbal angegriffen, es kam zu Vandalismus am Stand, meine Mitarbeiter wurden fotografiert und die Fotos in den sozialen Medien gepostet«, erinnert sich Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte. Die beiden Stände nebeneinander zu positionieren, habe absolute Naivität gezeigt. Als würden sich links und rechts ausgleichen. Natürlich dürften rechte Verlage ausstellen, aber »ganz am Rande«, sagte Mendel auf der von #VerlageGegenRechts organisierten Veranstaltung mit dem Titel »Rechtsruck & Backslash allerorten – Was könnten die Antworten darauf sein?«.

Schwarze Autorin bedroht

Das sieht Lena Luczak aus dem Aktionsbündnis anders. Denn Meinungsfreiheit für die Rechten höre dort auf, wo sich Menschen von Rechtsextremen bedroht fühlten. So geschehen bei der Frankfurter Buchmesse 2021. Die Schwarze Autorin Jasmina Kuhnke sagte ihre Teilnahme auf der Messe mit der Begründung ab, dass sie Morddrohungen aus rechtsextremistischen Kreisen erhalten habe. Weitere Autor*innen solidarisierten sich mit ihr und blieben ebenfalls fern. Dieses Jahr sollen drei rechte Verlage präsent gewesen sein. Die Buchmesse ist offensichtlich kein Aktionsfeld mehr für sie. Doch die Inhalte sind weiter da, »in die Gesellschaft eingesickert, normalisiert und in manchen Gegenden mehrheitsfähig«, so #Verlage GegenRechts. In Halle 3.1, Literatur und Sachbuch, finden sich die kleinen, unabhängigen Verlage. Einige von ihnen gehören zum Aktionsbündnis, das mit keinem eigenen Stand vertreten ist. Denn es fehle an Geld, selbst für die Aufkleber mit dem Hashtag. Dennoch machen die Aktiven weiter und fordern: Mehrwertsteuer für Bücher abschaffen, keine Gelder für politische Bildung streichen – und an die großen Verlage adressiert: »Positioniert euch gegen Rechts!«

Salman Rushdie, der viele Jahre von Islamisten mit Ermordung bedrohte britisch- indische Schriftsteller und als Folge einer Messerattacke auf einem Auge erblindet, erhielt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels »für seine Unbeugsamkeit und seine Lebensbejahung«. Unvernünftigerweise, sagte er, bleibe er optimistisch in dieser Welt, die in keinem guten Zustand sei.

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