Die Neuen und der Betriebsrat
Die Auszubildenden sind da | Eine gute Gelegenheit für Betriebsräte, sich vorzustellen | Wer will das Feld schon Personalchefs überlassen
Elf junge Gesichter. Angehende Medienkaufleute, Mediengestalter*innen, Drucker*innen. Mit dem Start des Schuljahres in Brandenburg beginnt die Begrüßungswoche bei der Märkischen Verlags- und Druck-Gesellschaft in Potsdam. Es gibt Vorträge, Führungen, wie entsteht eine Zeitung, Pizzaessen, Fahrradtour. Eine Station ist der Betriebsrat. Immer.
Betriebsratsvorsitzende Karin Wagner steigt mit einem zweiminütigen Film ein, den die Kreativen im Betrieb selbst gedreht haben. Was ist ein Betriebsrat? Was macht er und wozu ist er da? »Für euer Geld sind wir aber nicht zuständig.« Jetzt geht es um den Tarifvertrag. Wer macht den mit wem. Anspruch auf tarifliche Leistungen haben aber nur Mitglieder. »Ihr erwartet vom Mieterbund ja auch keine Vertretung, wenn ihr nicht Mitglied seid.«
Willst du Mitglied werden?
In der großen Runde fragt sie nicht, ob jemand Mitglied werden will. Sondern später in einem persönlichen Gespräch, in der Kantine, im Flur, im Büro. Seit heute kennen die Azubis Karin Wagner. Ein letzter Schlenker zur Jugend- und Auszubildendenvertretung, die es seit 20 Jahren im Unternehmen gibt. Dieses Jahr wird neu gewählt. Karin Wagner wirbt dafür, sich zu engagieren. »Wenn wir es versäumen, die jungen Leute zu aktivieren, haben wir irgendwann keine Betriebsräte mehr.«
Von der JAV durchgesetzt
Solche Begrüßungsrunden sind in vielen Betrieben nicht die Regel. Gibt es nicht, machen wir nicht, heißt es dort. Auch Jugend- und Auszubildendenvertretungen gibt es seltener. Und nur dort, wo der Betriebsrat aktiv ist. Wie beim Main-Echo in Aschaffenburg. Isabell Staab, 25, hat vier Jahre JAV hinter sich. »Mega witzig« fand sie die beiden JAV-Seminare von ver.di. »Und das Lernen war ganz anders als in der Schule.« Durchgesetzt hat sie, dass alle Azubis vor der Abschlussprüfung eine Woche Lernzeit erhalten. Mit Unterstützung des Betriebsrats.
Bei Melitta Business Solution wählen 51 junge Leute und Azubis eine zehnköpfige JAV. Bennet Arndt, 25, wird nicht mehr dabei sein. Erreicht hat die alte JAV, dass alle Azubis und Studierenden gleiche Arbeits- und Ausbildungsbedingungen erhalten und mehr Unternehmensbereiche kennenlernen. »Die JAV ist eine tolle Sache.« Auch wenn es bedeutet, vor rund 400 Kolleg*innen auf der Betriebsversammlung sprechen zu müssen.
Neu wählen
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) wird alle zwei Jahre gewählt. Jetzt ist es wieder soweit: Zwischen dem 1. Oktober und dem 30. November 2021 können jugendliche Beschäftigte unter 18 und alle Auszubildenden unter 25 Jahren ihre Interessenvertretung wählen. Mehr unter www.jav.info
Seminar für neue JAVler
Wer sich engagiert, braucht Wissen. Was darf die Jugend- und Auszubildendenvertretung? Welche Paragrafen sind wichtig? Wie setzt man sich durch? Das Seminar I für die JAVen aus Verlagen, Druckereien, Papier-, Pappe- und Kunststoffverarbeitung sowie Theatern findet vom 15. bis 19. März 2021 in der Bildungszentrale der ver.di-Jugend in Naumburg statt.