Arbeit

Schichtarbeiter-Mythen

»Ich bin ein Nachtmensch.«

Tatsächlich gibt es Menschen, die Nachtschichten besser als andere wegstecken können. Sogenannte Eulen schlafen morgens gern lange und drehen abends richtig auf. Im Gegensatz zu den Lerchen, die morgens topfit und abends früh müde sind. Allerdings sind nicht einmal zehn Prozent der Menschen echte Eulen und Lerchen. Und auch eine Nachteule muss für die Frühschicht raus aus den Federn. Doch auch wer mit der Nachtarbeit keine Probleme hat, zwingt den Körper dazu, gegen die innere Uhr zu arbeiten. Mehrere Nachtschichten hintereinander führen dazu, dass sich das Schlafdefizit anhäuft. Denn der Tagschlaf ist kürzer und weniger erholsam als der Nachtschlaf. Nur wenigen Nachtschichtarbeitern gelingt es, sofort einzuschlafen und sieben Stunden durchzuschlafen. Die braucht ein Mensch, um sich zu erholen. Mindestens vier Stunden sollten am Stück geschlafen werden.

 

»Man gewöhnt sich an alles, auch an mehrere Nachtschichten hintereinander.«

Untersuchungen haben gezeigt, dass Unfälle und Fehler nach der vierten Nachtschicht zunehmen und sich insbesondere zwischen 2 und 4 Uhr ereignen. Kein Wunder: Um die Zeit ist der Körper auf Ruhe eingestellt, der Blutdruck ist niedrig, das Herz schlägt langsamer.

 

»Der Rückwärtswechsel von Nacht- auf Spät- auf Frühschicht ist der beste. Er bringt viel Freizeit am Stück.«

Mal ehrlich: Ein Teil der Freizeit geht dafür drauf, um sich auszuschlafen und wieder fit zu werden. Die echte Freizeit, in der man etwas unternehmen kann, ist dagegen kurz. Die Arbeitszeitberaterin und Psychologin Hiltraud Grzech-Sukalo spricht deshalb von einem Etikettenschwindel. Was ein Schichtarbeiter bestätigt: »Nach sieben Nächten bin ich so durch den Wind, dass ich die ersten beiden freien Tage allein dafür brauche, um wieder in einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus zu finden.« Letztlich erkauft man sich lange Freizeitblöcke dadurch, dass man zuvor am Stück geschuftet hat.

 

»Zwei Tage früh, drei spät, Nacht, frei – das kann sich doch keiner merken. Besser sind lange Blöcke.«

Stimmt. Wochenweise Wechsel kann man sich besser merken, gesundheitsverträglich sind sie aber nicht. Belegschaften, die von den langen Blöcken (sechs Früh-, sechs Nacht-, sechs Spätschichten, eine Woche frei) umgestiegen sind auf kurze Zyklen, kommen besser klar. »Zwei Nachtschichten hintereinander kann ich gut verkraften«, erklärt eine Schichtarbeiterin. »Ich bin nicht mehr so müde«, ergänzt ein Kollege,  »und die Kinder sehe ich auch öfter.« Kurzum: Keiner wollte mehr zurück zu den langen Blöcken. Die kurzen Zyklen werden auch von Arbeitswissenschaftlern empfohlen. Der Körper findet schneller wieder in den normalen Rhythmus hinein, wie ihn die Nur-Tagarbeiter kennen.

 

»Am besten ist es durchzuarbeiten, dann hat man früher Feierabend.«

Das ist keine gute Idee. Das Arbeitszeitgesetz schreibt spätestens nach sechs Stunden eine Pause vor. Doch auch Kurzpausen von unter zehn Minuten helfen, nachts die Schicht zu überstehen. Am besten vor 2 und nach 4 Uhr. Wer auf die Pause verzichtet, wird schneller müde und braucht länger, um sich zu erholen.