Arbeit

Händeringend Drucker gesucht

Tariflose Betriebe bleiben auf offenen Stellen sitzen / Fachkräfte sind für Billiglöhne nicht zu haben / Nur elf Euro für Berufsanfänger

Mehr als zwei Wochen Urlaub am Stück gibt es nicht. Wer Pech hat, muss seinen Urlaub abbrechen, weil ihn die Firma zurückruft. Grassiert die Grippe und der Krankenstand steigt, werden sogar Maschinen abgeschaltet. Es fehlen Drucker.

Die Rollenoffsetdruckerei ist nicht die einzige, die händeringend Drucker sucht. Woanders springen regelmäßig die Schichtführer ein, weil das Personal knapp ist. Aufträge gehen auch mal an die Konkurrenz, weil keiner da ist, um zu drucken.

Massig Stellenanzeigen

1.652 offene Stellen sind bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. So viel wie in den vergangenen zehn Jahren nicht. Im Internet wimmelt es von Stellenanzeigen. Appl im bayerischen Wemding sucht Drucker. Mohn Media in Gütersloh, Stark in Pforzheim, die Westermann Gruppe in Zwickau und Landau, Dierichs Druck in Kassel, Decor Druck in Leipzig. Die kleinen und unbekannten Druckereien nicht mitgezählt. Allen ist eines gemeinsam: Es sind vor allem die tariflosen Betriebe, die keine Fachkräfte finden.

Die Firmen haben hohe Ansprüche. Mehrere Jahre Berufserfahrung soll der Drucker mitbringen und die Maschinensysteme der großen Hersteller beherrschen. Belastbar soll er sein, weil er im Dreischichtbetrieb arbeiten muss. Wochenendarbeit ist selbstverständlich.

»Wer will hier schon arbeiten?
Der Lohn liegt 25 Prozent unter Tarif«

Was bekommt er dafür? Davon steht nichts in den Anzeigen. Das wissen aber die Betriebsräte. »Bei uns wird ein Viertel weniger als mit Tarifvertrag gezahlt«, sagt einer. Deshalb sei die Stelle schon lange unbesetzt. Ein anderer: »Wer will hier schon arbeiten? Der Lohn liegt 25 Prozent unter Tarif; Urlaubsgeld und Jahresleistung gibt’s nicht.« Der Nächste erzählt, dass nach langer Suche Drucker eingestellt worden seien: über 50-Jährige, denen das Druckverfahren fremd sei. »Die Firma hat keine anderen gefunden.« Für einen Stundenlohn von 15 Euro – 2,50 Euro unter Tarif.

»Du findest nix Besseres, hat der Chef immer zu mir gesagt. Die Druckbranche ist in der Krise.« Elf Euro pro Stunde hat er als Berufsanfänger verdient, später 14 Euro. 40 Stunden pro Woche, aber nur 35 bezahlt; kein Urlaubsgeld, kein Weihnachtsgeld, keine Antrittsgebühr, eben tariflos. Der junge Drucker hat was Besseres gefunden: eine tarifgebundene Druckerei. »Ich verdiene heute fast das Doppelte.«

Mit zu niedrigen Lohnerhöhungen habe der Fachkräftemangel nichts zu tun, sagt der Arbeitgeberverband. Mehr dazu hier.