Arbeit

»Wir können voneinander profitieren«

ver.di startet Kooperation mit dem Verein Junge Verlagsmenschen

DRUCK+PAPIER: Sie sind jung, ihre Vorstandskolleginnen sind jung. Kommt man bei den Jungen Verlagsmenschen (JVM) nicht anders unter?

Sandra Wegner: Mitglied kann jeder zwischen 18 und 39 Jahren werden, der in der Buch- und Medienbranche tätig ist oder sein will. Es ist aber schon so, dass wir vor allem den Nachwuchs ansprechen. Der JVM begreift sich als unabhängige Plattform, auf der sich Young Professionals, Berufseinsteiger und Studenten begegnen, austauschen und organisieren können.

Wann haben Sie damit losgelegt?

Seit 2009 sind wir ein eingetragener Verein. Wir zählen rund 750 Mitglieder, die sich in 13 Städtegruppen regelmäßig treffen und Veranstaltungen auf die Beine stellen. Da geht es um viele Themen: Weiterbildung, faire Arbeitsbedingungen oder angemessene Bezahlung.

Sandra Wegner 
arbeitet für den Münchner Piper Verlag und ist 
2. Vorsitzende beim Junge Verlagsmenschen e.V. (JVM) 











Das sind ja klassische Themen einer Gewerkschaft. Verstehen Sie
sich auch als solche?

Nein, politische Motive spielten bei der Vereinsgründung keine Rolle. Der zentrale Ausgangspunkt war der fehlende Kommunikationsrahmen für den Nachwuchs und das Bedürfnis nach Austausch. Dass wir inzwischen verstärkt am Thema »Arbeitsbedingungen« dran sind, hat sich erst entwickelt.

Weil Sie gemerkt haben, dass da vieles im Argen liegt?

Die Arbeits- und Lohnbedingungen für Berufsanfänger sind meistens sehr schlecht. Das betrifft viele Punkte: Rechte und Pflichten bei Volontariaten und Praktika, Dauer und Vergütung. Vor allem Volontäre werden vielfach als billige Arbeitskräfte missbraucht.

Sie erledigen den Job eines Festangestellten, werden aber viel schlechter bezahlt. Überhaupt sind die Arbeits- und Lohnbedingungen für Berufsanfänger meistens sehr schlecht. Das belegt eine Umfrage, die wir vor knapp zwei Jahren durchgeführt haben. Allerdings war das noch vor der Einführung des Mindestlohns.

Selina Reimer ist für den 
Verlag Kiepenheuer & Witsch in 
Köln tätig und koordiniert die 
ver.di-Kooperation für die Jungen Verlagsmenschen (JVM) in der 
Arbeitsgruppe Nachwuchsrechte


Und jetzt? Hat sich die Lage mit dessen Einführung verbessert? 

Selina Reimer: Wir starten demnächst eine neue Umfrage, um zu prüfen, wie die Lage sich derzeit darstellt. An den Stellenanzeigen lässt sich jetzt schon ablesen, dass weniger und kürzere Praktika und die meisten davon als studienbegleitend ausgeschrieben sind. Einige Volontariate werden aber immer noch so schlecht vergütet, dass man von dem Gehalt nicht leben kann. Vor der Einführung des Mindestlohns lag der Verdienst bei Volontariaten im Schnitt bei rund 1000 Euro Brutto – und damit ca. 500  Euro unter Mindestlohnniveau – bei einer 40 Stunden-Woche.

Die Jungen Verlagsmenschen wollen sich mit ver.di in einer Kooperation zusammentun. Was versprechen Sie sich davon?

Nach einer erfolgreichen gemeinsamen Veranstaltung in Köln vor zwei Jahren haben wir Kontakt zur ver.di-Bundesverwaltung aufgenommen. Das Interesse an einer Zusammenarbeit war groß. Wir haben viele Gemeinsamkeiten, arbeiten beim Thema »Nachwuchsrechte« an ähnlichen Baustellen und sind beide dezentral in vielen Städten organisiert. Wir können voneinander profitieren: Durch uns erhält ver.di Zugang zu einer Branche, in der Gewerkschaften ziemlich außen vor sind. Umgekehrt gelangen wir an arbeits- und betriebsrechtliches Know-how.

Wie weit soll die Zusammenarbeit gehen?

Zunächst geht es uns um den Informationsaustausch. Wir möchten gemeinsam das Thema »Nachwuchsrechte« immer wieder ansprechen und ein Bewusstsein für Missstände schaffen. Die Leute müssen erst einmal wissen, dass sie Rechte haben und welche. Und dass diese Volontariatsunkultur in vielen Verlagen nicht normal ist und man sich für bessere Bedingungen einsetzen sollte.

Sind Ihre Mitglieder dafür bereit?

Durchaus – egal, wo wir das Thema ansprechen, hat jeder sofort seine eigene Geschichte zu erzählen. Doch am Anfang steht die Sensibilisierung und vielleicht reift daraus die Bereitschaft, sich gemeinsam zu wehren. Aber bis dahin gibt es viel zu tun. Die JVM und ver.di können sich dabei gegenseitig helfen.

Jahrestreffen der Jungen Verlagsmenschen im Juli 2016 in München