Stolze Tradition
Ausstellung zur 150-jährigen Gewerkschaftsgeschichte in der ver.di-Bundesverwaltung
Der frühere IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche (2.v.r.) und Werner Peplowski, der letzte Vorsitzende der IG Druck und Papier der DDR (2.v.l.), im Gespräch mit Ausstellungsmachern.
Der 20. Mai 1866 lag zu Pfingsten. 34 Abgesandte der deutschen Buchdruckergehilfen hatten sich in Leipzig zum ersten Buchdruckertag versammelt. Der Verband, den sie gründeten, bildet die älteste Wurzel der heutigen Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft. Auf den Tag genau 150 Jahre später wurde in der ver.di-Bundesverwaltung die Ausstellung »Vom Deutschen Buchdruckerverband zur Einheitsgewerkschaft – ver.di. Solidarität. Emanzipation. Tarifkampf« eröffnet.
Die Ausstellung setzt sogar noch früher an: 1848. Im Revolutionsjahr waren die Buchdrucker mit Forderungen gegen unmenschlich lange Arbeitszeiten und Hungerlöhne, mit Streiks und dem Entwurf eines ersten Tarifvertrags auf die gesellschaftliche Bühne getreten. Sie hatten festgestellt, dass das »Capital« sich nur dann um den Arbeiter kümmert, »wenn es ihn zu einer vorübergehenden Spekulation nöthig hat«. Auch der »Staat will und kann nicht unsere Existenz garantieren, deshalb müssen wir für uns sorgen«. Der Versuch verrauchte zunächst auf der Asche der Barrikaden, doch die Forderungen wurden nach der Gewerkschaftsgründung wieder aufgenommen.
1873 führten sie schließlich zum Abschluss des ersten reichsweiten Tarifvertrags: Zehn-Stunden-Arbeitstag mit zwei Pausen, Kündigungsfristen, ein Akkord- sowie ein wöchentlicher Mindestlohn wurden darin festgelegt. Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Entlohnung – diese Themen begleiten die Gewerkschaft bis heute. Sei es beim Kampf um den Neunstundentag und den Einstieg dazu 1896. Sei es beim Ringen um Lohnerhöhungen nach dem Ersten Weltkrieg, die schließlich 1925 durchgesetzt wurden. Sei es beim Kampf der Heinze-Frauen um gleichen Lohn für gleiche Arbeit bis zu ihrem Sieg vor dem Bundesarbeitsgericht 1981. Die Traditionslinie endet nicht mit dem 13-wöchigen Streik um die 35-Stunden-Woche, den die IG Druck und Papier der Bundesrepublik 1984 letztlich gewann.
Die Meilensteine gewerkschaftlicher Selbstbehauptung lassen sich in der Ausstellung in zehn Themenkomplexen mit Texten und Illustrationen gut nachvollziehen. Besucher erfahren in der überwiegend von Ehrenamtlichen entwickelten Ausstellung zugleich, was Menschen wie Richard Härtel, Paula Thiede, Emil Döblin, Rudi Arndt, Gertrud Petzold, Heinrich Hansen, Leonhard Mahlein oder Gisela Kessler mit dieser Geschichte zu tun haben.
»Wir wären nicht da, wo wir heute sind, wenn es diesen langen Kampf für Fortschritt, Gerechtigkeit und Demokratie nicht gegeben hätte«, betonte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke bei der Ausstellungseröffnung. Die Dienstleistungsgewerkschaft – die zugleich ihr 15-jähriges Jubiläum begeht – sei »stolz auf diese Traditionslinie«.
Die Ausstellung ist bis zum 30. Juni im Foyer der ver.di-Bundesverwaltung zu sehen. Ein wunderbarer Katalog bewahrt sie noch länger.