Aus den Betrieben

ver.di-Mehrheit bei Mohndruck

Gewerkschaftsliste gewinnt Betriebsratswahlen in Bertelsmann-Druckerei | Erfolgreich mit guter Planung, Strategie und Aktiven-Team

Das ist neu in der Geschichte der Bertelsmann-Druckerei. Erstmals erzielte eine Gewerkschaftsliste bei Mohn Media Mohndruck und der Buchbinderei Probind mit neun Sitzen die Mehrheit im 17-köpfigen Betriebsrat. In den beiden tariflosen Betrieben hatte zuvor stets die Liste 1 die meisten Stimmen erhalten – die gilt als unternehmensnah und ist teilweise mit Führungskräften besetzt. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Kandidatur auf dieser Liste die Karriere befördern kann«, sagt ver.di-Gewerkschaftssekretär Daniel Hirschi. »Ihre Funktion war, ver.di möglichst aus dem Betriebsrat rauszuhalten.« Das ist gescheitert.

Der Erfolg der ver.di-Liste hat mehrere Gründe: viel Basisarbeit, systematische Kandidat*innensuche, gute Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit. Rund ein Dutzend ver.di-Aktive hätten sich regelmäßig getroffen und seien im Betrieb unterwegs gewesen, um mit Kolleg*innen darüber zu sprechen, wo Arbeitsbedingungen verbessert werden müssten und wo es Probleme gebe, sagt der neue Betriebsratsvorsitzende und ver.di-Listenführer Ralf Gerlach. Ende 2021 hatte sich die Liste auf ein Wahlprogramm verständigt und Inhalte und Kandidat*innen vorgestellt.

»Der Wahlsieg mag auch damit zu tun haben, dass die Liste 1 Vertrauen in der Belegschaft verloren hat«, ergänzt Rainer Hosemann, der viele Jahre im Betriebsrat war. »Den Kolleg*innen wurde weisgemacht, dass bei Mohn Media ein gegenseitiges Geben und Nehmen herrsche. In Wirklichkeit war es eine Lohnkürzung, die Belegschaft hat Freizeit und Lohn hergegeben und der Arbeitgeber hat weniger Erfolgsbeteiligung gezahlt.«

Die wichtigsten Themen der ver.di-Liste im Betriebsrat: Neueingestellte sollten die gleichen Zuschläge für Schicht- und Wochenendarbeit erhalten wie Beschäftigte mit Altverträgen. »Wir müssen auch mit der Arbeitszeit runter«, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Peter Siewert. In einem kaum durchschaubaren Geflecht wird zwischen 35 und 40 Wochenstunden gearbeitet, teilweise ohne Lohnausgleich.

»Früher hieß es, Mohndruck zahlt besser als Tarif«, erinnert sich Siewert. So habe man Gewerkschaft draußen gehalten. Heute wird bei Mohndruck und Probind zu Stundenlöhnen teilweise weit unterm jeweiligen Tarif gearbeitet. Und ver.di hat die Mehrheit.

Interview per Videocall mit Rainer Hosemann (l.o.), Betriebsratsvorsitzendem Ralf Gerlach (l. u.), seinem Stellvertreter Peter Siewert (r. u.) und ver.di-Sekretär Daniel Hirschi.