Arbeit

Wer will, darf kürzer 
oder länger

IG Metall: Wahlmöglichkeit zwischen Geld und freien 
Tagen für Eltern, Pflegende und Schichtarbeiter

Der IG Metall ist der Einstieg in kürzere Arbeitszeiten gelungen. Erstmals steht die 28-Stunden-Woche in einem Tarifvertrag. Auch wenn die Arbeitszeitverkürzung befristet auf zwei Jahre ist. Und ohne Teillohnausgleich. Dennoch ein Einstieg.

Immer mehr Beschäftigte müssen Schicht arbeiten, werden abends und am Wochenende zur Arbeit herangezogen – wenn der Kunde ruft und der Chef will. »Flexibilisierung ist keine Einbahnstraße«, hatte dagegen die IG Metall erklärt. Von 2019 an können die 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in tarifgebundenen Betrieben ihre Arbeitszeit für zwei Jahre auf 28 Stunden herunterfahren und danach wieder hoch. Das ist das Entscheidende: wieder auf den Vollzeitjob zurückkehren zu können und nicht in der Teilzeit hängen zu bleiben. Damit hat die Gewerkschaft per Tarifvertrag durchgesetzt, was in der alten Regierung am Widerstand der CDU/CSU gescheitert war.

Das hat die IG Metall durchsetzen können: Bis März gibt es 
100 Euro Einmalzahlung, von April an ein 4,3 Prozent höheres Tarif
einkommen. Ab Juli 2019 zahlen die Unternehmer einen Festbetrag von 400 Euro sowie ein tarifliches Zusatzgeld von 27,5 Prozent des Monatsentgelts. Wer kleine Kinder erzieht, Angehörige pflegt oder Schicht arbeitet, kann das Zusatzgeld in sechs freie Tage umwandeln. Der Arbeitgeber legt noch zwei drauf, macht acht.

Lohn und Arbeitszeit gehören zu den größten Konfliktpunkten zwischen Unternehmern und Beschäftigten. Nachdem die IG Metall 2003 gescheitert war, die 35-Stunden-Woche im Osten durchzusetzen, hat sie das Thema kürzere Arbeitszeiten jetzt wieder angepackt. Entscheidend wird sein, wie das Modell – freie Tage oder Geld – von Eltern, Schichtarbeitern und Pflegenden angenommen wird.

Ein Instrument, um Erwerbslose in Arbeit zu bringen, ist die befristete 28-Stunden-Woche nicht. Denn Unternehmen ist es nun im Gegenzug möglich, mehr Arbeitsverträge bis 40 Stunden als bisher abzuschließen.

Schon zuvor durften Metall- und Elektro-Unternehmen je nach Tarifbezirk 13 bis 18 Prozent der Belegschaft 40 statt 35 Stunden arbeiten lassen. In bestimmten Unternehmen mit Hochbezahlten sogar noch mehr. Dieser Kreis wird jetzt größer.

»Ich sehe darin aber keinen dramatischen Dammbruch Richtung Arbeitszeitverlängerung«, sagt Thorsten Schulten, Leiter des Tarifarchivs im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI). »Die IG Metall hat es dagegen geschafft, dass Bedürfnisse von 
Beschäftigten nach kürzeren Arbeitszeiten wieder eine Rolle 
spielen.«