Unterwegs zu

Unterwegs zur Gewerkschaftsrätin

Karin Wagner geht es stets um die Mitglieder und die Beschäftigten – ob im Gewerkschaftsrat oder im Betriebsrat der Märkischen Verlags- und Druck-Gesellschaft

Nennt man sie so? Gewerkschaftsrätin? Karin Wagner ist eine von 84 Ehrenamtlichen aus Fachbereichen, Landesbezirken und Personengruppen, die den Gewerkschaftsrat bilden, das höchste ver.di-Organ zwischen den alle vier Jahre tagenden Bundeskongressen. Ihre Aufgabe: die Ziele der Organisation mitzubestimmen und die Arbeit des Bundesvorstands zu kontrollieren.

Für sie steht obenan, die Interessen der Mitglieder durchzusetzen. Gerade im Gewerkschaftsrat. Da war sie von ver.di-Gründung an dabei und ist es nach einer Pause wieder – »mit großem Respekt«. Zurzeit steckt ver.di in einer umfassenden Strukturveränderung. Wagner ist aber klar: Die interessiert ein einzelnes Mitglied nur wenig. Geschafft werden muss sie aber, damit Mitglieder überall in Tarifauseinandersetzungen und Konfliktfällen stets ein ver.di-Team haben, das unterstützt.

Doch nicht nur Service sei wichtig. Wagner möchte, dass das Selbstverständnis von ver.di immer ein gewerkschaftspolitisches bleibt. »Gerade streite ich dafür, dass gewerkschaftliche Schulungen nicht überwiegend als Digitalseminare organisiert werden.« Besonders Grundlagenseminare müssten in Präsenz stattfinden – zum Austauschen, Vernetzen und Trainieren von Teamarbeit. Dass soziale Konflikte nicht mehr als solche erkannt und ausgetragen werden, sieht sie als generelle Gefahr der digitalen Welt.

Weibliches Urgestein

Hautnah erlebt sie das als Betriebsratsvorsitzende der Märkischen Verlags- und Druck-Gesellschaft in Potsdam. Das Amt hat sie seit genau 30 Jahren inne – gut möglich, dass sie die dienstälteste Betriebsratsvorsitzende ist. Als sie 1991 gewählt wurde, gehörte der Betrieb zur FAZ-Gruppe. 750 Beschäftigte gab es damals. Heute sind es im Gemeinschaftsbetrieb noch 175. Den Betriebsrat um Karin Wagner beschäftigt der »riesengroße Wandel«, Auswirkungen des sogenannten digitalen Workflows mit ständig neuer Software und hochgradig flexibler Arbeit. Arbeitszeiterfassung ist eine Dauerbaustelle. Zwar gibt es eine Betriebsvereinbarung, doch an der Umsetzung hapere es. Deshalb klagt der Betriebsrat. »Wir haben gerade beschlossen, in die zweite Instanz zu gehen.« Karin Wagner möchte, dass die Beschäftigten »im Affentempo ständiger komplexer Veränderungen« nicht überfordert werden.

Mit Sorge sieht sie auch die Madsack-Konzernstrategie, Tarifbindung aufzuweichen und Mitbestimmungsstrukturen zu schwächen – durch Aufspaltung in kleine, tariflose Einheiten. Dagegen anzugehen, wird Aufgabe für einen neuen Betriebsrat bleiben, wenn die Erfahrene im Februar 2022 in Rente geht. Doch in ver.di bleibt Karin Wagner weiter aktiv. Wäre sie ein Mann, spräche man von Urgestein. Ehre ist ihr egal. Sie will verändern.