Unterwegs zum Haus des Papiers
Zwei Frauen haben vor vier Jahren ein besonderes Museum eröffnet: Im Haus des Papiers in Berlin-Mitte dreht sich alles um Kunst aus Papier.

Es ist kein Ort, an dem man ein innovatives Museum erwartet: Hier in Berlin-Mitte, wenige Meter vom Spittelmarkt entfernt, dominieren Wohnblocks und Hotels. Im Erdgeschoss dann bodenhohe Fenster, davor eine Terrasse gesäumt von Lavendelpflanzen und darüber der Schriftzug »Museum für Bildende Papierkunst – Haus des Papiers«. Auf der Terrasse sitzt eine der Gründerinnen, die Unternehmerin Annette Berr. Die Begeisterung für den facettenreichen Werkstoff, der hinter den Fenstern auf 170 Quadratmetern mit viel Liebe präsentiert wird, strömt aus jedem ihrer Sätze: »Papier wird in jeder Hinsicht unterschätzt. Es ist fragil, aber auch zäh. Es ist stur und wahnsinnig scharf. Es ist widerspenstig und fügsam« – all das könne man hier erleben.
Das kleine Museum spricht sich herum: Zunehmend kämen mehr internationale Besucher*innen. Es sind Leute aus dem Handwerk, der Papierproduktion oder dem Bleisatz, aber auch Künstlerinnen oder Eltern mit ihren Kindern.
Seit Mai 2021 ist das Museum von Freitag bis Sonntag geöffnet. Ob Objekte, Papiervernähungen, Paper Cut oder Konzeptkunst, hier dreht sich alles um Kunst aus Papier in all seiner Vielfalt – nicht etwa um Kunst auf Papier. Das ist den Gründerinnen Ulrike Vohrer und Annette Berr wichtig. Die Inhaberinnen der FineArt-Print- Manufaktur d’mage haben das Museum initiiert, unterstützt wird es vom Papierhersteller Hahnemühle und Canon Deutschland.
Die Sammlung umfasst Kunstwerke an den Wänden, Skulpturales und auch Überraschendes – eine Arbeit aus Zwiebelpapier zum Beispiel. Zweimal jährlich wechseln die Ausstellungen. Erklärtafeln neben den Werken sucht man vergeblich. Das kleine Team möchte mit den Gästen ins Gespräch kommen. In einer Sonderschau erfahren Besucher*innen mehr über Papier, Nachhaltigkeit und Technologien. Mit einer kleinen Präsenzbibliothek soll handwerkliches Wissen weitergegeben werden.
Die Mehrzahl der Kunstwerke stammt von Frauen: »Wir haben hier die Chance, das Geschlechterverhältnis, die Realität so abzubilden, wie es sich bei dem Werkstoff verhält.« Dass sie als Impulsgeberinnen gesehen werden, freut Berr: »Wir haben geschafft, dass sich die Entwicklung der Papierkunst extrem beschleunigt hat.«
Das Museum finanziere sich privat. An jedem Jahresende denken sie, dass sie es nicht schaffen. Aber Träumen ist erlaubt: Mehr Platz, Büroräume und eine Werkstatt wünschen sie sich – und ausgeweitete Öffnungszeiten. Irgendwann eine Dauerausstellung und Sonderschauen, die aus Labs entstehen. »Wir möchten Impulse geben: Künstlerisches zusammenbringen mit Forschung, Industrie und Produktion. Da sind wir noch lange nicht am Ende angekommen.«
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