Unterwegs zum

Unterwegs zum Prüfungsaufgabenerfinder

Die Abschlussprüfung für 2025 ist geschafft. Jetzt warten die Prüflinge auf die Ergebnisse. Wer denkt sich eigentlich die Prüfungsaufgaben aus? Einer wie der Berufsschullehrer Ralf Sartor.

Wochen vor der Prüfung belauern ihn seine Schüler*innen: Wie hat ihr Lehrer das genau formuliert? Ist das ein Hinweis auf die Prüfung? Kommt das dran? Manchmal motzt die Klasse auch. Wie neulich – vor der ersten Zwischenprüfung nach der neuen Ausbildungsverordnung. Erstmals hatte der ZFA nicht wie sonst die Themengebiete für die Prüfung vorab genannt. »Ungerecht!« fanden das die angehenden Mediengestalter*innen. Allerdings hatte das nicht ihr Berufsschullehrer entschieden, sondern der Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA). Der kümmert sich seit 75 Jahren um die Berufe in der Druck- und Medienindustrie und – das ist eine Besonderheit – erstellt bundeseinheitliche Prüfungsaufgaben für die zuständigen Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern.

Ideen beim Joggen

Ralf Sartor erstellt die Aufgaben für die schriftliche Prüfung – gemeinsam mit rund 20 Berufsschullehrer*innen und Ausbilder*innen. Sie wurden eigens für diese Arbeit berufen. Die Gruppe trifft sich zweimal jährlich beim ZFA in Kassel. Und startet mit einer Bilanz: Wie ist die vorhergehende Prüfung gelaufen? Müssen die Aufgaben besser formuliert werden?

Dann ziehen sich alle in Arbeitsgruppen zurück. In Sartors Gruppe Technik Print präsentieren die vier Aufgabenersteller*innen ihre Vorschläge. »Ohne die Vorarbeit zu Hause würden wir in den zwei Tagen nicht fertig.«

Seit mehr als 20 Jahren erstellt Sartor Prüfungsaufgaben – für Zwischen- und Abschlussprüfungen, immer wieder neu, dieses Mal sogar in doppelter Ausfertigung für die Auszubildenden, die nach der alten oder nach der neuen Ausbildungs- verordnung geprüft werden.

Ideen kommen ihm oft spontan – an einem Sonntagabend oder beim Joggen. Dann kann es sein, dass er bis nachts am Rechner Bilder und Grafiken für den Unterricht oder für Prüfungsaufgaben erstellt. Inzwischen nutzt er oft auch künstliche Intelligenz (KI) und gibt Anweisungen ans Sprachmodell. »Das hilft, einen neuen Ansatz zu finden oder eine andere Perspektive.«

Gelernt hat Ralf Sartor, 58, Druckvorlagenhersteller und später Reprofotograf. Junge Leute anzuleiten mache ihm Freude. Damals die Jugendgruppe in der Kirche und die Azubis im ersten Jahr, obwohl er selbst erst im dritten war. Und jetzt die Schüler*innen in der Berufsbildenden Schule in Neustadt an der Weinstraße.

Am liebsten die angehenden Mediengestalter*innen. »Im Unterricht bekommt man immer auch etwas zurück. Erfährt was über unterschiedliche Arbeitsabläufe und Verfahren aus den Betrieben, die manchmal gar nicht im Fokus der Prüfungsaufgaben stehen.«

Längst nicht alle Betriebe bilden so umfassend aus, wie im Ausbildungsrahmenplan vorgeschrieben. »Manche Azubis machen nur Autofolierungen oder Stadionbanner, müssen in der Prüfung aber beispielsweise eine mehrseitige Broschüre entwerfen.« Damit sie nicht durchfallen, bereiten sie Sartor und seine Kolleg*innen gut vor. Seit geraumer Zeit ist fürs dritte Ausbildungsjahr ein kompletter Tag für praktische Aufgaben reserviert.

Zurück zu Sartors Arbeitsgruppe. Viel Zeit verbringen die vier damit, gute Formulierungen zu finden. Präzise muss die Aufgabe sein und auf Anhieb verständlich.

Die Aufgabenersteller*innen für die praktische Prüfung treffen sich separat in Kassel – meist Ausbilder*innen in Betrieben, benannt von ver.di und dem Bundesverband Druck und Medien.

Wenn die Prüfungsergebnisse vorliegen, wird es sein wie immer: Sartors Schüler*innen schneiden so gut ab wie alle anderen.