Aus den Betrieben

Erster Streik bei Cewe

Durchbruch in der vierten Verhandlungsrunde: Beschäftigte erhalten mehr Geld

Cewe-Beschäftigte – hier beim Streik in Germering – forderten 18 Prozent mehr Geld (mindestens 450 Euro) – das war das Ergebnis einer Befragung. Kürzere Arbeitszeiten werden in den kommenden Tarifrunden Thema sein.

Auch schon mal ein Fotobuch gemacht? Das geht fix: Software herunterladen, Fotos hochladen, Seiten gestalten, abschicken. Wenige Tage später liegt das persönliche Album im Briefkasten. Doch wer in Laboren, im Versand oder an den Druckmaschinen arbeitet und zu welchen Löhnen, nachts und im Dauereinsatz monatelang vor Weihnachten – das bleibt im Verborgenen. Bis jetzt. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte streikten die Beschäftigten am 14. und 15. April an den vier Standorten Oldenburg, Germering, Eschbach und Mönchengladbach.

Auf einen Schlag: 230 Euro mehr

Die Streiks und betrieblichen Aktionen zeigten Wirkung. Den Durchbruch erreichte ver.di am 14. Mai in der vierten Verhandlungsrunde. Die Löhne und Gehälter steigen stufenweise: erste Erhöhung am 1. Juni 2025 um acht Prozent (mindestens 230 Euro – das macht für die unteren Lohn- und Gehaltsgruppen ein Plus von 10 Prozent), weitere Erhöhungen am 1. Oktober 2026 um zwei Prozent (mindestens 70 Euro) sowie 1,5 Prozent am 1. Oktober 2027. Zwei Einmalzahlungen zu je 300 Euro werden im Juni 2025 und im Juni 2026 fällig. Der Tarifvertrag gilt für 29 Monate bis Ende 2027.

Cewe ist mit vier von acht Standorten in Deutschland seit vielen Jahren tarifgebunden. Bisher verhandelte der Bundesverband der fotomaterialverarbeitenden Betriebe – dem nur Cewe angehört – mit der Industriegewerkschaft BCE. Auf Wunsch der Beschäftigten und nach vielen Über- und Eintritten führt jetzt ver.di die Tarifverhandlungen.

Gute Stimmung, viele Leute

Je näher der erste Streiktag rückte, desto größer war die Anspannung in der ver.di- Tarifkommission: Wie viele Kolleg*innen würden mitmachen? Mehr als gedacht. Viele Beschäftigte streikten aus Unzufriedenheit mit den bisherigen Angeboten des Unternehmerverbandes.

Am Hauptsitz und größten Produktionsstandort Oldenburg legten alle Beschäftigten aus der Produktion die Arbeit nieder. Kein einziges Fotobuch wurde fertiggestellt. »Wir haben den Arbeitgeber an den beiden Streiktagen richtig durchgeschüttelt«, sagt ein ver.di-Mitglied. Auch in Germering war die Stimmung beim Streik gut. »Viel Überzeugungsarbeit mussten wir nicht leisten, die Leute wussten Bescheid«, sagt ein Tarifkommissionsmitglied. Zuvor hatte ver.di die Beschäftigten persönlich informiert und die schwarzen Bretter mit ver.di-Infos bestückt. Auch in Eschbach beteiligte sich fast die gesamte Belegschaft aus der Produktion und Verwaltung am Streik. Auch hier: gute Stimmung. Pfeifend drehten die Streikenden eine Runde ums Gebäude. »Die meisten Leute arbeiten gern bei Cewe. Das Klima ist super, aber das Geld stimmt nicht. Manche Kolleg*innen brauchen Nebenjobs, um finanziell zurechtzukommen«, berichtet eine Betriebsrätin.

Gar nicht super fanden es die Belegschaften, als Cewe-Führungskräfte – die gleichzeitig für den Unternehmerverband verhandeln – nach den Streiks in einem Video an die »Kultur des Miteinanders« appellierten. Zuvor waren Streikende eingeschüchtert und verunsichert worden. In einem Firmen-Newsletter bezeichnete das Unternehmen die ver.di-Forderungen als Gefahr für künftige Investitionen. Gleichzeitig verteidigte die Geschäftsführung die stärkere Erhöhung der Dividenden im Vergleich zu den Löhnen und Gehältern. Die geplante Dividendenerhöhung um neun Prozent – die 16. Erhöhung in Folge – entspricht knapp 20 Millionen Euro. Auch der Aktenrückkauf wird Cewe bis zu 20 Millionen Euro kosten. Zugleich erhöhte das Unternehmen die Vorstandsgehälter um 11,1 Prozent. Bis auf eine Inflationsausgleichsprämie waren die Löhne und Gehälter der Beschäftigten allerdings auf dem Stand wie im August 2023.

Fazit von ver.di: »Wir haben ein gutes Ergebnis erreichen können.«

Die Firma Cewe

Cewe (eigene Schreibweise: CEWE) produziert Fotobücher, Leinwände, Poster und Fotokalender und bietet Online-Druckservices in Drogeriemärkten an. Zum Unternehmen gehören Marken wie Cheerz, Dein Design, Pixum und White Wall. Im Geschäftsjahr 2024 stieg der Konzernumsatz des Foto-Dienstleisters um 6,7 Prozent auf 832,7 Millionen Euro. Der Gewinn wuchs um 2,6 Prozent auf 86,1 Millionen Euro. Cewe ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren persönlich haftende Gesellschaft eine Stiftung ist (Cewe Stiftung & Co. KGaA). Das Unternehmen ist im SDAX notiert – einem deutschen Aktienindex für 70 kleinere Börsenunternehmen. Die Familie des Firmengründers Neumüller ist mit 27 Prozent der größte Anteilseigner. 4.000 Beschäftigte arbeiten an 14 Standorten in 21 Ländern.