»Enkel erben Schuldenberge?«
»Schulden haben einen schlechten Ruf. Wer Schulden macht, heißt es, lebt über seine Verhältnisse, bis der Gerichtsvollzieher kommt.
Jetzt haben Bundestag und Bundesrat ein dickes Schuldenpaket von 500 Milliarden Euro für zwölf Jahre geschnürt. Damit umgehen sie die Schuldenbremse (die sie für dauerhafte Investitionen allerdings besser gleich gelockert hätten). Erneut ertönt die altbekannte Leier: Deutschland werde in einem Schuldensumpf versacken, die Enkel müssten alles ausbaden. Doch das ist nicht richtig. Denn die Schulden des Staates sind zugleich private Vermögen derer, die die Staatsschuldpapiere halten. Einige Enkel werden also auch Vermögen erben (die entsprechend besteuert werden könnten und müssten). Und: Investiert der Staat die Kreditgelder, dann kurbelt er die Wirtschaft an.
Wir Gewerkschaften haben über Jahre darauf gedrängt, Verwaltungsgebäude und Schulen zu sanieren, marode Schienen und Brücken zu erneuern und Krankenhäuser zu modernisieren. Der Sparwahn der Vergangenheit hat ja zu einem verheerenden Investitionsstau geführt.
Also: Schulden für Investitionen sind gut. Richtig eingesetzt, sorgen sie dafür, dass wir unseren Enkelkindern funktionierende Infrastrukturen und wirksamen Klimaschutz hinterlassen. Nicht gut ist, dass zur Finanzierung höherer Zinskosten nicht stärker Erbschaften, Vermögen und Spitzenverdienende herangezogen werden.«

Um Wirtschafts-Hokuspokus geht es in unserer Serie mit Patrick Schreiner aus der ver.di-Wirtschaftspolitik.
Wirtschaftsmärchen.
Hundertundeine Legende über Ökonomie, Arbeit und Soziales.
Patrick Schreiner, Kai Eicker-Wolf
PapyRossa Verlag, September 2023, 270 Seiten, 19,90 Euro
ISBN 978-3-89438-814-0
