Scheitern mit Ansage
Buchdruckerei Ebner & Spiegel meldet Insolvenz an | Betriebsrat gibt Management Mitschuld
Nicht überraschend, dennoch ein Schlag: Die Buchdruckerei Ebner & Spiegel beantragte am 7. April die Insolvenz in Eigenverwaltung. Wenige Tage später eröffnete das Insolvenzgericht das Verfahren. Als Grund nannte CPI das sinkende Produktionsvolumen am Standort Ulm. Betriebsratsvorsitzender Christian Clement reagiert darauf mit bitterem Lachen.
DRUCK+PAPIER: Im Geschäftsjahr 2023/ 2024 erwirtschaftete Ebner & Spiegel elf Prozent weniger Umsatz und produzierte 12,6 Millionen Bücher weniger – 33 Prozent. Ein Rückgang, der sich im vorherigen Geschäftsjahr fortsetzte?
Christian Clement: Das ist korrekt. Aber man muss wissen: Das Management schwächt den Standort Ulm seit zehn Jahren systematisch. Schon 2015 plante das Management die Schließung und baute 75 Stellen ab. 2018/2019 stand die Buchdruckerei erneut vor dem Aus. Maschinen wurden hier ab- und am tschechischen CPI-Standort aufgebaut. Voriges Jahr wurden ein Klebebinder und eine Offsetrotation dorthin verlagert. Seit Jahren arbeitet das Management daran, den Standort in Ulm überflüssig zu machen. Nun ist er so geschrumpft, dass die Geschäftsleitung meint, das verbleibende Volumen auch anderswo produzieren zu können.

Christian Clement, Betriebsratsvorsitzender bei CPI Ebner & Spiegel in Ulm
Foto: Giancarlo Foddis
Mit dem Digitaldruck konnte Ebner & Spiegel kleinste Auflagen, industrielle Einzelstückfertigung und Print-on-Demand anbieten. Was ist schiefgelaufen?
Ende des vorigen Jahres beendete die Geschäftsführung in Ulm den Test mit dem Prototyp einer modernen Finishing-Linie. Nicht weil der Test gescheitert ist. CPI Germany kaufte die Linie und installierte sie mit einer neuen Rollendigitaldruckmaschine bei CPI in Erfurt. Wie CPI den Standort Ulm in einen digitalen Bücher-Druckbetrieb umwandeln möchte – wie das jetzt offiziell erklärt wird –, ist mir schleierhaft. Wir können konventionell keine Softcover und keine Taschenbücher mehr produzieren. Uns bleiben nur noch eine Offsetmaschine, ein Klebebinder, zwei Buchstraßen. Das ist ein Viertel der Offsetrotationen und ein Drittel der Klebebinder von 2013.
In Erfurt gibt es keine Tarifbindung, im tschechischen Werk sind die Lohnkosten um 60 Prozent geringer und die Energie kostet auch weniger. Sind das die eigentlichen Gründe?
Teilweise. Und klar, ein weiterer Grund ist die strukturelle Krise der Druckindustrie. Aber die deutsche CPI-Gruppe hat – verglichen mit dem Marktrückgang – überproportional stark an Umsatz und Volumen verloren. Der Grund: CPI hielt an den Preisaufschlägen selbst dann fest, als Energie- und Papierpreise wieder gesunken waren. Die Konsequenz: Kunden wanderten ab zur Konkurrenz. Das sind klare Managementfehler. Ebenso wie eine wenig kluge Steuerung von Materialbestand und Aufträgen zwischen den Standorten. Hinzu kommt der häufige Wechsel im oberen Management. Jeder neue Manager tat sich mit vermeintlich noch besseren Plänen hervor als sein Vorgänger. Statt eine klare Strategie für Krisenzeiten zu entwickeln, war das Management auf Schlingerkurs.
Wie reagieren die Beschäftigten?
Sie sind stinksauer und enttäuscht. 23 Jahre lang haben sie auf Lohnbestandteile verzichtet, damit im Gegenzug das Unternehmen Standort und Arbeitsplätze sichert. Doch kaum ist der Standortsicherungsvertrag am 31. März 2025 ausgelaufen, beantragt das Unternehmen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das empfindet die Belegschaft wie einen Fußtritt. Von den 176 Beschäftigten haben einige den Betrieb bereits verlassen, viele schauen sich nach anderer Arbeit um – häufig außerhalb der Druckindustrie.
Wie geht es weiter?
Bis 30. Juni erhalten die Kolleg*innen Insolvenzgeld. Es ist zu erwarten, dass spätestens am 1. Juli das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Ich vermute, dass CPI den Betrieb mit noch kleinerer Belegschaft weiterführen will und dafür Zugeständnisse der Beschäftigten erwartet. Das wäre Sache der Tarifvertragsparteien. Ich sehe mit den Erfahrungen der Vergangenheit dafür kaum Spielräume.
Das CPI-Geflecht
Die Buchdruckerei CPI Ebner& Spiegel in Ulm gehört seit 2003 zu CPI Germany. Die deutsche CPI-Gruppe umfasst außerdem CPI Clausen & Bosse im nordfriesischen Leck, CPI Druckdienstleistungen (tariflos) in Erfurt sowie CPI Moravia Books in Tschechien. Chris Malley führt alle vier Standorte als Geschäftsführer. Zusätzlich leitet er die Vertriebsgesellschaft CPI Books, die mit jedem Standort der CPI Germany einen Lohnfertigungs- vertrag geschlossen hat: Jede Druckerei produziert Bücher im Auftrag von CPI Books. Diesen Lohnfertigungsvertrag hat CPI Books bei Ebner & Spiegel zum 30. Juni 2025 gekündigt – damit verliert die Druckerei ihren einzigen Kunden und muss Insolvenz anmelden.
CPI Germany ist Teil der 1996 in Frankreich gegründeten CPI Group. Das Buchdruckunternehmen gibt an, jährlich 450 Millionen Bücher an 16 Standorten zu produzieren.

Bei jedem Arbeitskampf dabei – die Belegschaft von Ebner & Spiegel in Ulm
Foto: ver.di