Kräftesammeln vor der nächsten Etappe
Bundesanzeiger: Streiks ausgesetzt | Schlappe für den Verlag vor Gericht
Ein Jahr lang gekämpft, 138 Tage gestreikt. Noch ist beim Bundesanzeiger Verlag kein Tarifvertrag in Sicht. Manchmal ist es klug, eine Verschnaufpause einzulegen und über eine neue Strategie nachzudenken. Denn, das erklärten die ver.di-Aktiven offen in einem Flugblatt: »Mit denen, die noch im Streik sind, werden wir diesen Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt nicht zu Tarifverhandlungen bewegen.« Deswegen werde bis auf Weiteres nicht zu Streiks aufgerufen. »Wir werden Kräfte sammeln, um wieder unsere alte Stärke zurückzugewinnen«, erklärt ein Mitglied der Tarifkommission. Daniel Hirschi von ver.di wirft der Geschäftsführung unanständiges Verhalten vor. Sie habe Druck auf Streikende ausgeübt und rechtswidrig gehandelt.
Vom Arbeitsgericht gestoppt
Ein Beispiel: Von den rund 720 Beschäftigten sind etwa 120 Leiharbeitskräfte. Die darf ein Unternehmen laut Bundesverfassungsgericht nicht als Streikbrecher*innen einsetzen. Verlagsgeschäftsführer Matthias Schulenburg hat sich darüber hinweggesetzt, bis ihn das Arbeitsgericht Köln auf Antrag von ver.di stoppte.
Vorsätzliches Pfeifen
Auch eine weitere Klage war vorerst erfolgreich: Der Verlag wollte eine streikende Kollegin rausschmeißen, weil sie angeblich durch lautes Pfeifen einer Trillerpfeife vor dem Verlagshaus »vorsätzlich« einen Streikbrecher »verletzt« habe. Doch das Kölner Arbeitsgericht hat den Kündigungsversuch zurückgewiesen. Jetzt ist der Verlag vors Landesarbeitsgericht gezogen. Achim Weihofen vom ver.di-Rechtsschutz, der die Kollegin in der ersten Instanz vertreten hat, sagt: »Der Ausgang des nächsten Verfahrens ist nicht absehbar, aber wir sind siegesgewiss.«
Störmanöver kommen aber nicht nur aus der Geschäftsführung. Auf der jüngsten Betriebsversammlung tauchte ein offener Brief gegen den Betriebsrat auf. Vertreten von einem Teamleiter, ehemals Politiker der AfD. Wie viele Unterschriften er gegen den Betriebsrat gesammelt hat, wollte er nicht preisgeben. Offensichtlich war sein Erfolg mäßig.
Für den nächsten Schritt des Tarifkampfes sammeln ver.di und Beschäftigte die Erfahrungen in einem Buch der Reihe »Widerständig« des VSA-Verlages. Es erscheint voraussichtlich im Juni 2025.
»Streik doch einfach mit!«
138 Tage Arbeitskampf beim DuMont-Konzern
Jan Schulze-Husmann/ Peter Trinogga/ Aktivenkreis Bundesanzeiger (Hrsg.)
VSA-Verlag, 108 Seiten, 10 Euro.
ISBN 978-3-96488-246-2
Ab sofort vorzubestellen. t1p.de/streik-mit
