»Vermögens- und Erbschaftssteuer kosten Arbeitsplätze!«
»Wenn Sie drei schicke Wohnungen erben, zahlen Sie Erbschaftssteuer. Wenn Sie mindestens 300 Wohnungen erben, zahlen Sie keinen Cent. Denn das Finanzamt hält Sie dann für ein Unternehmen. Und Erbschaften mit Betriebsvermögen (das sind in der Regel die großen) werden steuerlich privilegiert. Von dieser größten Subvention der Bundesrepublik profitieren also Menschen, denen Reichtümer ohne eigene Mühen in den Schoß fallen. Und die auch keine Vermögenssteuer zahlen müssen, denn die ist seit 1997 ausgesetzt. Letzteres hat uns fast 400 Milliarden Euro gekostet.
Ökonomisch ist das unvernünftig. Schließlich fehlt uns dadurch Geld, das wir dringend für Investitionen etwa in Infrastruktur und Klimaschutz brauchen. Es ist aber auch sozial ungerecht, wenn die Reichen und Superreichen steuerlich geschont werden, während Menschen mit Arbeitseinkommen oder kleineren Erbschaften die Zeche zahlen. Die Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftssteuer gehört daher abgeschafft. Zudem brauchen wir endlich wieder eine Vermögenssteuer. Freibeträge und – bei der Erbschaftssteuer – Stundungsmöglichkeiten sorgen dafür, dass niemand in den Ruin getrieben wird und Arbeitsplätze erhalten werden. Omas kleines Häuschen, das die Enkelin erbt, bleibt ohnehin verschont. Übrigens: Die Mehrheit der Deutschen will eine Vermögenssteuer.«
Um Wirtschafts-Hokuspokus geht es in unserer Serie mit Patrick Schreiner aus der ver.di-Wirtschaftspolitik.
Wirtschaftsmärchen.
Hundertundeine Legende über Ökonomie, Arbeit und Soziales.
Patrick Schreiner, Kai Eicker-Wolf
PapyRossa Verlag, September 2023, 270 Seiten, 19,90 Euro
ISBN 978-3-89438-814-0