»Bringt mehr Demokratie in die Betriebe!«
Organisatorisch konnte die AfD in der Arbeitswelt bislang nicht Fuß fassen. Die rechte Pseudogewerkschaft Zentrum gibt es nur in wenigen Unternehmen. Die wenigen Versuche, mit eigenen Listen den Betriebsrat zu übernehmen, blieben erfolglos. Trotzdem hinterlässt der gesellschaftliche Rechtsruck, der durch den Aufstieg der AfD ausgelöst wurde, auch in den Betrieben deutliche Spuren. »Die von uns Befragten gehen alle davon aus, dass rechte Meinungsbilder in den Köpfen stärker geworden sind«, sagt der Soziologieprofessor Dieter Sauer. »Da macht sich bemerkbar, dass in fast allen Parteien mittlerweile Positionen vertreten werden, wie sie ursprünglich nur von der AfD kamen.« Etwa bei der Verschärfung von Asylregelungen oder in der Debatte über das Bürgergeld.
Zusammen mit weiteren Wissenschaftler*innen untersucht der Münchner Sozialforscher, wie sich die politische Stimmung in deutschen Betrieben in den vergangenen Jahren nach rechts verschoben hat. Zum zweiten Mal seit der großen Geflüchtetenzuwanderung 2015/16 führen die Forschenden dafür ausführliche Interviews mit Beschäftigten, vor allem mit Betriebsratsmitgliedern und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten.
Professor Dieter Sauer
»Wo die Arbeitsbedingungen schlecht und die Abstiegsängste größer sind, ist der Anteil von AfD-Wähler*innen höher«, sagt Sauer. Aber auch »fälschlicherweise als soft bezeichnete Themen« wie fehlende Anerkennung und Wertschätzung könnten rechte Orientierungen befördern. Neben betriebsnaher Bildungsarbeit empfiehlt der Soziologe den Gewerkschaften deshalb, die Beschäftigten stärker demokratisch einzubinden. »Diese Strategie ist offensiv, weil sie eine beteiligungs- und konfliktorientierte Tarif- und Betriebspolitik mit einer offenen und konsequenten Haltung gegenüber dem Rechtsextremismus verbindet«, erklärt Sauer. »Damit verändern sich Stimmungslagen in den Betrieben.«
Lesetipp: Mehr über die Forschungsergebnisse von Dieter Sauer u.a. steht in dem Buch Gute Arbeit gegen Rechts. Hans-Jürgen Urban (Hrsg.), VSA-Verlag, 2024, 136 Seiten, 10 Euro.