Unterwegs zur Büchergilde
… lohnt sich eine Reise nach Leipzig: Am Gründungsort wurde gerade der 100. Geburtstag der Büchergilde Gutenberg gefeiert.
Ob der 29. August 1924 auch der heißeste Tag des Jahres war, weiß man nicht. Sicher ist, dass die Kollegen vom Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker im Leipziger Volkshaus einstimmig die Gründung der Büchergilde Gutenberg beschlossen. Es ging um Bildung und Kultur: Jeder gewerkschaftlich organisierte Buchdrucker sollte sich eine Bibliothek anlegen. Dafür konnte er, anfangs für 75 Pfennig monatlich, pro Quartal einen Band der Buchgemeinschaft erwerben – »voll guten Geistes und von schöner Gestalt«.
Der Innenhof des Leipziger Druckkunstmuseums lag zum Glück im Schatten. Hier startete taggenau 100 Jahre später bei 35 Grad ein Festwochenende. Dem offiziellen Jubiläumsabend folgte ein Treffen der Genossenschafter*innen; zu Schaudrucken und Werkstattgespräch waren alle Interessierten eingeladen. Gefeiert wurde vor allem das schöne Buch, Kerngeschäft der Büchergilde, aber auch – so Geschäftsführer Alexander Elspas – »Herzstück der Gemeinschaft«. Die besteht heute aus 60.000 Mitgliedern. Die tragende Büchergilde-Genossenschaft begeht 2024 ihr Zehnjähriges.
Um das Buch als Kulturgut rankte sich die kurze Festrede, fünf druckfrische Jubiläumsbände als Ausgangspunkt. Natürlich produziere man mit modernster Technologie, doch nutze man beste handwerkliche Traditionen und Gestaltungskunst, damit sich Bücher in der digitalen Welt behaupten können. Sie gestatteten Innehalten in hektischen Zeiten, böten Inspiration, seien »mehr als nur ein Datenträger«. Deshalb, so Jürgen Kerner, seien die verstärkten Aktivitäten der Büchergilde in Sachen Kinderliteratur richtig. Der Zweite Vorsitzende der IG Metall erinnerte an die gemeinsamen gewerkschaftlichen Wurzeln und regte an, wieder Lesungen in Betrieben zu machen.
Museumsdirektorin Katharina Walter hatte zu Beginn neugierig gemacht auf die Jubiläumsausstellung »Vorwärts – mit heiteren Augen!«, die die Büchergilde bis zum 10. November im Druckkunstmuseum zeigt. Doch brauchte es viel Wasser und einigen Wein, bevor die Gäste tatsächlich unters Dach steigen und die Werkstattschau mit eigenen Augen sehen konnten. Das Sofa am Eingang war so schnell besetzt wie der stilisierte Küchentisch mit dem legendären Büchergilde-Kochbuch. Der »Raum voller Bücher« mit den Neuerscheinungen sowieso. In der lauen Dämmerung fehlten nur die Jüngsten, um mit Druckfarben zu experimentieren oder das Büchergilde-Logo zu drucken.