Madsack: »Damit können wir an Springer vorbeiziehen!«
Ein Kauf mit fatalen Folgen: Die Übernahme durch Madsack führt zur Zerschlagung der DDV Mediengruppe.
DRUCK+PAPIER: Wer von Madsack gekauft wird, muss mit Entlassungen, Auslagerungen, Zentralisierung und Tariflosigkeit rechnen. Wie ist das bei euch?
Elke Schanz: Genauso. Alle Befürchtungen wurden bestätigt. Zudem legt Madsack ein enormes Tempo vor. Alles geht Schlag auf Schlag. Zusammenlegung der Redaktionen Sächsische Zeitung und Leipziger Volkszeitung, Streichung von einem Drittel der Stellen in der Redaktion, betroffen sind insgesamt mehr als 100 Ausschreibungen, die schon ausgehängt wurden, da hatte der Betriebsrat noch nicht einmal den Sozialplan fertig verhandelt. Ähnliches passiert in den Abteilungen Digitale Entwicklung und Vermarktung, Vertrieb, Rechnungswesen, Technik: umstrukturieren, streichen, schließen. Es ist nicht möglich, in dieser kurzen Zeit Gegenvorschläge zu entwickeln. Das ist ein Verstoß gegen unsere Beratungsrechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz.
Gibt es einen Grund für das Tempo?
Es fühlt sich an, als sollten Betriebsrat und Belegschaft nicht zur Besinnung kommen. Vermutlich setzt Madsack alles daran, bereits 2025 bessere Zahlen zu schreiben. Was Madsack-Chef Thomas Düffert an der DDV Mediengruppe zu interessieren scheint, sind vor allem die Abo-Zahlen bei Print, Online und die Klicks. Das erhöht Reichweite für Madsack und stabilisiert Anzeigenpreise. Wörtlich sagte Düffert: »Damit können wir an Springer vorbeiziehen!«
Elke Schanz, Vorsitzende des Gruppenbetriebsrats der DDV Mediengruppe in Dresden, Mitglied im Konzernbetriebsrat bei Madsack
Foto: privat
Ihr seid erschrocken über die Einschnitte.
Ich bin entsetzt darüber, dass kein Stein auf dem anderen bleibt. Madsack hat mithilfe einer Unternehmensberatung wie auf dem Reißbrett Bereiche verschoben und Stellen beziffert. Ohne zuvor zu analysieren, welche Tätigkeit wo künftig gebraucht wird. Für die Redaktion gibt es unklare Stellenprofile. Wer sich darauf bewirbt, kennt seinen Einsatzort nicht. Die DDV Mediengruppe verliert ihre Identität, wir Betriebsräte verlieren unsere Beschäftigten und sie verlieren ihre Betriebsratsgremien.
Gibt es einen Betriebsübergang, wonach ein Jahr lang die Arbeitsverhältnisse nicht verschlechtert werden dürfen?
Für die Redaktion nicht. Madsack macht auch keine Angebote für freiwilliges Ausscheiden. Stattdessen müssen sich alle Beschäftigten neu bewerben. Sicher ist nur eins: Es wird nicht für alle einen Arbeitsplatz geben. Das ist wie bei der Reise nach Jerusalem oder Stuhlpolonaise. Wer keinen Stuhl erwischt, scheidet aus.
Wie sieht es mit der Druckerei aus?
Die Druckerei ist zurzeit nicht betroffen. Aber auch die Beschäftigten können nicht sicher sein, dass Madsack die Druckerei behält.
Laut Madsack sei »qualitativ hochwertiger Regionaljournalismus« wichtiger denn je; die Kräfte würden in Sachsen nun gebündelt.
Abgesehen davon, dass wir in Sachsen von Pressevielfalt weit entfernt sind, denn fast die gesamte Presselandschaft ist im Eigentum von Madsack. Ich sehe es mit großer Sorge, wie der Verlag auf Online statt auf Print setzt, Redaktionen zusammenlegt und zentrale redaktionelle Inhalte für alle Zeitungen aufbereitet. Ohne gute lokale Berichterstattung fehlt die Wächterfunktion der Presse. Das gefährdet Demokratie. Und das in unserem Bundesland mit zum Teil hoher Zustimmung zur AfD.