Aus den Betrieben

Druck auf DuMont

Bundesanzeiger-Verlag verweigert weiterhin Tarifverhandlungen| Starke politische Unterstützung für Streikende

»Wahrlich kein Grund zum Feiern«, sagt Gerhard Treinen kurz vor dem 100. Streiktag im Kölner Bundesanzeiger-Verlag. So lange und häufig zu streiken, sei eine Herkulesarbeit, findet er. Treinen ist Mitglied der betrieblichen Tarifkommission und Betriebsratsvorsitzender.

Da der Verlagsgeschäftsführer Tarife grundsätzlich ablehnt und seit Monaten Verhandlungen mit der Gewerkschaft verweigert, blieb den Beschäftigten nur der Arbeitskampf. Zuerst ein Tag, dann zwei Tage – inzwischen seit Anfang Mai fast ohne Pause. Auch in der Ferienzeit sei die Beteiligung unter den rund 650 Beschäftigten (plus über 150 Leiharbeiter*innen) an Aktionen gut gewesen.

Schikanen der Geschäftsführung

Wann genau der 100. Streiktag ansteht, ist offen, weil zwischendurch der Arbeitskampf ausgesetzt wird. Mit dem Ziel, die Geschäftsführung ins Leere laufen zu lassen, die immer wieder zusätzliche Leiharbeitskräfte oder Streikbrecher anheuern will. Derweil fallen ihr ständig neue Schikanen ein. Da wird eine Streikende beschuldigt, angeblich einen Streikbrecher körperlich angegangen zu haben. Oder die Geschäftsführung verlangt plötzlich von während des Streiks Erkrankten die Lohnfortzahlung zurück.

»Ein unhaltbarer Zustand!« So prangern zehn Kölner Bundestagsabgeordnete die Lage im Verlag an, einer 100-prozentigen Tochter des DuMont-Medienkonzerns. In einem Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) heißt es:

»Es ist den allermeisten Bürgerinnen und Bürgern – ebenso wie uns Abgeordneten – nicht vermittelbar, warum Gewinne durch Aufträge in hoheitlichem Auftrag erzielt werden dürfen, ohne die Beschäftigten durch einen Tarifvertrag angemessen daran beteiligen zu müssen.«

Der Minister ist Adressat, weil er die wesentlichen Aufträge an den Verlag vergibt. Doch offensichtlich schert es ihn nicht, dass der Verlag Tarife grundsätzlich ablehnt. Verhindern könnte das ein Tariftreuegesetz. Dann müssten sich Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen an Tarifverträge halten. Doch ein solches Gesetz gibt es weder auf Bundesebene noch in Nordrhein-Westfalen (siehe Interview).

Kölscher Klüngel à la FDP

Der Kölner FDP-Abgeordnete Reinhard Houben fehlt unter den Briefschreibern. Kölscher Klüngel auf FDP-Art: Matthias Schulenberg, Geschäftsführer des Bundesanzeiger-Verlages, ist nebenberuflicher FDP-Funktionär. Und im Hintergrund FDP-Minister Buschmann. Der mit seinen Aufträgen dafür sorgte, dass der Verlag im vergangenen Jahr einen Umsatz von etwa 130 Millionen und einen Gewinn von etwa 18 bis 20 Millionen Euro einfahren konnte.