Macht zurückgewinnen
Weltweite und europäische Gewerkschaftskonferenz in Marseille
»Wir haben zwar unsere Probleme als Gewerkschafter*innen, aber niemand muss um sein Leben fürchten.« Was Peter Schmid aus Kolumbien hörte, hat ihn erschüttert. Auf der Konferenz wurde berichtet, dass einem Gewerkschafter im Café mehrfach in den Bauch geschossen wurde; er habe überlebt. Doch immer wieder werden Gewerkschafter*innen in Kolumbien umgebracht. Peter Schmid war einer von vier Delegierten der Fachgruppe Druck, Verlage, Papier und Industrie auf der weltweiten und europäischen Gewerkschaftskonferenz der Druck- und Verpackungsindustrie vom 14. bis 16. November in Marseille. Nicht alle rund 100 Delegierten konnten in Präsenz dabei sein. Frankreich hatte Gewerkschafter*innen aus afrikanischen Ländern die Visa und damit die Einreise verweigert. Zentrales Thema der beiden Konferenzen unter dem Motto »Macht zurückgewinnen« war der Aufstieg der extremen Rechten. Aufgabe der Gewerkschaften sei es, »den Menschen klarzumachen, dass die extreme Rechte nicht die Antwort auf ihre Wut sein kann«, zitierte die Zeitung La Marseillaise Tea Jarc vom Europäischen Gewerkschaftsbund.
»Macht zurückgewinnen« gilt auch für die Tarifbindung in Europa. In Großbritannien sei die Tarifbindung von 60 auf 20 Prozent gefallen, berichtete Simon Dubbins, neu gewählter Präsident von UNI Global für den Grafik- und Verpackungssektor. Auch Deutschland, wo weniger als die Hälfte der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Betrieb arbeitet, verfehlt das Ziel. Die neue Richtlinie des Europäischen Parlamentes fordert eine Tarifbindung von mindestens 80 Prozent für die 27 Mitgliedsländer.
Druck auf multinationale Konzerne
Doch wurden nicht nur die Zustände beklagt, sondern auch gute Beispiele präsentiert. Wie es beispielsweise beim Verpackungskonzern Amcor gelungen ist, über fast alle Länder Protestaktionen zu organisieren, um Druck auf den Konzern auszuüben, die Gewerkschaftsrechte in Südamerika nicht weiter zu missachten. »Wir werden versuchen, weltweit Gewerkschaftsbündnisse auszubauen, um multinationale Unternehmen daran zu hindern, gegen Arbeitsrechte zu verstoßen«, sagte Simon Dubbins. Branchennetzwerke ausweiten, besser vernetzen, mehr Europäische Betriebsräte gründen, sind weitere Ziele.