Amazon-Persönlichkeit
Donald Trump hat gewonnen! Nicht die letzten US-Wahlen, aber die Debattenhoheit: Nirgends wird mehr sachlich diskutiert oder argumentiert, sondern nur noch gepöbelt und beleidigt. Alle nutzen ihre jeweiligen Lautsprecher – TV, Zeitung, Internet –, um andere zu beschimpfen anstatt zu überzeugen. So wie Trump all seine Gegner immer mit Schmähworten belegt (»Sleepy Joe« für Biden), werden hierzulande alle, die nicht Kriegspartei werden wollen, als »Lumpenpazifisten« oder »Friedensschwurbler« betitelt. Umgekehrt wird jeder, der für Waffenlieferungen an die Ukraine ist, als »Kriegstreiber« denunziert.
Das gilt für alle Seiten: Ob nun »die Letzte Generation« aus FDP- und CSU-Kreisen als »Klima-RAF« bezeichnet wird oder Leute, die Islamisten-Vereine verbieten wollen, als Nazis. Oder ob der »gesunde Menschenverstand« gegen Gendersprache oder den Kohleausstieg ist – stets geht es um die Verächtlichmachung der jeweiligen Person. Es wird nicht mehr argumentiert, sondern moralisiert. Mit dem Ziel, jemanden ein für alle Mal zu erledigen. Dabei kann zum Beispiel ich in einem Fall voll danebenliegen und im anderen Fall recht haben – das macht mich doch nicht zu einem besseren oder schlechteren Charakter! Ich diskutiere gerne und lass’ mich auch überzeugen. Alles andere macht uns nicht zu klügeren Menschen, sondern zu »Amazon-Persönlichkeiten«: Kunden, die glauben, Corona sei ein Fake, glauben auch, der Klimawandel sei nicht menschengemacht und Putin ein lupenreiner Demokrat. Das wiederum macht uns zu leichten Opfern von Populisten wie Trump. Und von da ist es nicht mehr weit zu dem Punkt, an dem wir uns die Köpfe einschlagen. Köpfe, an denen ein Schild hängen sollte: »Wegen Renovierung bleibt das Weltbild bis auf Weiteres geschlossen.«