Unterwegs zum Vorstand der Berufsgenossenschaft
Neun Jahre lang vertrat Heinz-Peter Haase im Vorstand der BG ETEM die Interessen der Versicherten aus der Druck- und Papierindustrie. Jetzt hat er sein Ehrenamt an Sven Pietras weitergegeben.
Heinz-Peter Haase findet, dass es sich gelohnt hat. »Es lohnt sich, mitzugestalten und das Feld nicht allein den Unternehmen zu überlassen«, erklärt der 61-Jährige. »Denn sonst geht es immer nur um Kosteneinsparung.« Haase, der hauptberuflich in der Offsetdruckerei von Axel Springer in Ahrensburg bei Hamburg tätig war und mittlerweile in die passive Altersteilzeitphase gewechselt ist, hat sich seit 2013 im Vorstand der Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse, kurz: BG ETEM, engagiert. Aber was macht man da eigentlich? Und warum ist das wichtig? Haase gibt sehr gerne Auskunft und empfängt zusammen mit seinem Nachfolger Sven Pietras wegen Corona zum Videogespräch.
Bei Unfällen und Berufskrankheiten
Meist bekommen Beschäftigte erst dann mit der Berufsgenossenschaft zu tun, wenn etwas passiert ist. Wenn sie einen Arbeitsunfall hatten, auf dem Weg zur Arbeit verunglückt sind oder wegen einer Berufskrankheit ihren Job vielleicht aufgeben müssen. »Unsere Aufgabe ist es, den Schaden zu mildern, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen oder, wenn das nicht möglich ist, Entschädigung zu leisten«, erläutert Haase.
Heinz-Peter Haase
Eine deutsche Spezialität sei das: Von den Unternehmen der jeweiligen Branchen finanziert, sind die Berufsgenossenschaften Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie kümmern sich aber auch um Prävention, erlassen Unfallverhütungsvorschriften, formulieren Regeln für Branchen oder Tätigkeitsbereiche.
Lärm immer noch größtes Risiko
Sven Pietras
Und sie schauen ganz genau hin. »Wir führen detaillierte Statistiken über Arbeitsunfälle. So merken wir, wenn sich bestimmte Unfälle häufen«, sagt Pietras. Verletzungen des kleinen Fingers an einer bestimmten Papierschneidemaschine zum Beispiel. »Man kann erst mit Bewusstsein etwas verändern.«
Der 47-Jährige, der in der Druckerei von Axel Springer in Essen-Kettwig arbeitet und wie Haase lange im Betriebsrat aktiv war, sitzt seit 2017 in der Vertreterversammlung der BG ETEM. Das Gremium ist so etwas wie das Parlament der Berufsgenossenschaft; bei den Sozialwahlen im kommenden Jahr wird es neu gewählt. Eines aber wird sich dabei nicht ändern: die Parität. Wie der Vorstand, in den Pietras jetzt aufrückt, ist das Selbstverwaltungsorgan immer jeweils zur Hälfte mit Vertreter*innen von Unternehmen und Gewerkschaften besetzt.
Für 4,1 Millionen Versicherte aus sechs Branchen ist die BG ETEM insgesamt zuständig. Rund 650.000 von ihnen arbeiten im Bereich Druck und Papierverarbeitung.
Die größten Risiken im Druckgewerbe, berichtet Haase, seien nach wie vor Lärm sowie Haut- und Atemwegserkrankungen, ausgelöst durch den Umgang mit Chemikalien. »Da schauen wir immer, ob wir bei den Grenzwerten nachsteuern müssen.« Fast ein Drittel der Arbeitsunfälle betreffen indes die Zeitungszusteller*innen: durch Stolpern in der Dunkelheit, Ausrutschen auf Glatteis, Stürze mit dem Fahrrad, Hundebisse. Für Zusteller*innen gibt es bislang nur unzureichende Schutzregelungen.
Gute Schuhe, Warnwesten, Stirnlampen
Heinz-Peter Haase und seine gewerkschaftlichen Mitstreiter*innen im Vorstand der Berufsgenossenschaft ringen seit Langem darum, das zu ändern. Sie wollen, dass den Unternehmen aufgegeben wird, für sicheres Schuhwerk, Warnwesten und Stirnlampen zu sorgen. »Das ist ein sehr mühsamer Weg«, sagt Haase. Sven Pietras will diesen Weg nun weitergehen. Er freue sich darauf, sagt er.