Was hältst du von der 4-Tage-Woche?
»Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich nur von Montag bis Donnerstag. Ich habe mich damals dafür entschieden, als mein Vater starb und ich mich um meine Mutter kümmerte. Zunächst wollte ich das Modell nur ausprobieren, aber die Vorteile überwiegen so sehr, dass ich dabei geblieben bin. Ich spiele Saxofon, schreibe für Jazzzeitschriften und will meinen Teil der Hausarbeit erledigen – das passt alles nicht in eine volle Arbeitswoche.
Allerdings muss ich bei einem freien Tag auf knapp 20 Prozent meines Gehalts verzichten, das heißt auch weniger Rente und Altersvorsorge. Das muss man sich leisten können. Deshalb fand ich die isländische Studie interessant. Dort reduzierte ein Prozent der Bevölkerung bei vollem Lohnausgleich die Arbeitszeit, ohne dass die Produktivität darunter litt. Inzwischen haben isländische Gewerkschaften sogar Verträge dazu abgeschlossen.
Davon träumen viele meiner Kolleg*innen. In der viermonatigen Kurzarbeit während Corona entdeckten viele für sich den freien Freitag.
Einige reduzierten daraufhin auf vier Tage.
Michael Bossong Betriebsratsvorsitzender im S. Fischer Verlag Frankfurt am Main
Und es blieb beim sogenannten erwartungsfreien Freitag – an dem Tag werden keine Meetings angesetzt. Auf der anderen Seite steht die Arbeitsverdichtung, denn für die eingesparte Arbeitszeit wurden keine zusätzlichen Stellen geschaffen.
Dennoch ist klar, dass entspannte Kolleg*innen nach einem dreitägigen Wochenende gesünder, belastbarer und produktiver zur Arbeit zurückkommen. Das ist auch ein Gewinn für das Unternehmen. Viele würden die Chance ergreifen, wenn sich ihre gesteigerte Produktivität im Lohnausgleich abbilden würde. Und wenn dort, wo die Arbeit auch in Vollzeit kaum zu schaffen ist, mehr Personal eingestellt würde.«