Aus den Betrieben

Die Unbeugsamen von Rohrdorf

Sengewald Klinikprodukte: Bestrafung und Belohnung

Rohrdorf ist eine kleine Gemeinde in Bayern. Mit Liederkranz, Jungbauernschaft, Krieger- und Veteranenverein. Und einigen Industriebetrieben, angelockt vom »niedrigsten Steuer-Hebesatz« im Landkreis Rosenheim. Auch Sengewald Klinikprodukte ist hier ansässig. Seit über einem Monat ist die Hälfte der knapp 100-köpfigen Belegschaft im Arbeitskampf. Inzwischen spitzt sich die Situation zu.

Tarifvertrag gefordert

Sengewald Klinikprodukte, ein Hersteller von OP-Abdecktüchern, ist seit zwei Jahren ohne Tarifbindung und inzwischen aus dem Unternehmerverband ausgetreten. Verhandlungen über einen von ver.di geforderten Haustarifvertrag und 4,8 Prozent mehr Entgelt blieben ohne Ergebnis. Die Geschäftsführung wolle nur sogenannten leistungsfähigen Mitarbeiter*innen umsatzabhängige Gehaltserhöhungen zahlen, berichtet ver.di. Die Firma möchte sich auf Anfrage von DRUCK+PAPIER dazu nicht äußern.

Kampf um höhere Löhne

Auf die Streiks der Unbeugsamen reagiert die Geschäftsführung mit Druck. Fünf Beschäftigte aus dem Kundendienst, die sich an dem Arbeitskampf beteiligt hatten, wurden betriebsbedingt entlassen.

Erst solidarisierten sich die Streikenden mit den Uniklinikbeschäftigten in München. Danach ging’s zum bayerischen Unternehmerverband BayPapier.

Es sei ein Fall bekannt geworden, wonach ein Kollege ins Büro des Finanzchefs beordert worden sei, wo er sofort und ohne Bedenkzeit einen neuen Arbeitsvertrag bei STS Medical Group unterzeichnen sollte. Andernfalls müsse er mit seiner Kündigung rechnen. »Das wird von der Belegschaft als Strafaktion empfunden«, sagt Gewerkschaftssekretär Andreas Reinshagen. STS Medical Group hatte Sengewald Klinikprodukte vor zehn Jahren gekauft. Mehrere Angestellte aus der Verwaltung seien bereits zu STS überführt worden.

Streikbrecher*innen werden dagegen vom Unternehmen hofiert. So wurde ihnen im August ein Zuschlag von 50 Prozent zugesagt. Ein kostspieliger Brotzeitservice soll sie zudem bei Laune halten.

»Unsere Streiks richten sich gegen niemanden persönlich. Wir kämpfen für eine Tarifbindung und höhere Löhne, um der allgemeinen Lohnentwicklung nicht hinterherzuhinken«, sagt ver.di-Vertrauensmann Mustafa Sari.