Was hältst du vom Betriebsrätemodernisierungsgesetz?
Patrick Schulze, Betriebsratsvorsitzender beim Zeitungsdruck Dierichs in Kassel
»Ich halte es nicht für den großen Wurf. Im Referentenentwurf hieß es noch Betriebsrätestärkungsgesetz. Doch die Absicht, Betriebsräte zu stärken, ist nicht nur aus dem Namen des Gesetzes verschwunden, sondern auch aus dem Inhalt. Ziel sollte ja ursprünglich sein, diejenigen zu schützen, die einen Betriebsrat gegen den Willen des Unternehmers gründen wollen. Das ist nicht gelungen. Ein Beispiel: Wer eine Betriebsratswahl initiiert, ohne selbst zu kandidieren, hat gerade mal drei Monate Kündigungsschutz. Auch wer befristet beschäftigt ist, hat immer noch ein hohes Risiko, schikaniert zu werden, wenn er sich an einer Betriebsratsgründung beteiligt.
Mit dem Gesetz ist es nun möglich, das vereinfachte Wahlverfahren nicht nur wie bisher in Betrieben mit fünf bis 50, sondern bis zu 100 Beschäftigten anzuwenden. In Betrieben bis 200 Beschäftigte können sich Unternehmen und Wahlvorstand über ein vereinfachtes Verfahren verständigen. Aber ob das tatsächlich eine höhere Wahlbeteiligung bringt?
Gut finde ich, dass jetzt auch junge Leute ab 16 Jahren wählen dürfen. Ebenso wie die Möglichkeit, Sachverständige hinzuziehen zu können, wenn Anwendungen mit künstlicher Intelligenz eingeführt werden, auch wenn das bei uns im Druckbetrieb keine Rolle spielt. Neu ist, dass Betriebsräte Beschlüsse auch per Video- und Telefonkonferenz fassen können. Allerdings muss der Betriebsrat in einer Geschäftsordnung festlegen, dass Präsenzsitzungen Vorrang haben. Erstmals gibt es ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat bei mobiler Arbeit, allerdings nicht bei der Einführung, sondern nur bei der Ausgestaltung. Wir brauchen hier eine echte Mitbestimmung, weil es einen hohen Regelungsbedarf gibt. Wie gesagt – kein großer Wurf.«