Voll nachhaltig
Bei uns an der Gelben Tonne hängen oft Zettel, auf denen in roter Wutschrift steht: »Altes Brot gehört nicht da rein! Für Zeitungen gibt es eine extra Tonne.« Ausrufezeichen. Ausrufezeichen. Ausrufezeichen.
Prächtig. Die Leute kontrollieren sich gegenseitig. Trennt den Müll! Nehmt den Zug! Verschrottet eure Karre! Nicht ohne Öko-Beschämung: »Du hast ne Kreuzfahrt gebucht? Echt? Weißt du denn nicht, dass …?« (Es folgt ein Vortrag über Schweröl, CO2-, Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen). »Die Gretel und ich, wir zelten seit Jahren! Das ist voll ökologisch!«
Rückenschmerzen? Schlaflosigkeit? Erschöpfung von der Arbeit? »Liebe Mitarbeiter«, sagt der Chef. »Stellen Sie das Rauchen ein, golfen Sie öfter und essen Sie Bio-Sushi!« Der »Business-Blog für leise Menschen mit innerer Stärke« bringt es auf den Punkt: »Wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst anfangen.«
Endlich hat uns die Unternehmer-Lobby da, wo sie uns haben will: Wir brühen den Tee im Beutel mehrfach auf und schärfen beim Yoga im herabschauenden Hund den Blick auf die Welt. Der Mineralölkonzern BP empfiehlt uns, den individuellen CO2-Fußabdruck auszurechnen, damit wir unser Verhalten überdenken. Unterdessen Hochwasser, Waldbrände und Hitzerekorde. Produziert von 100 umweltverschmutzenden Unternehmen – verantwortlich für 70 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen. Voll nachhaltig für den Klimawandel.