Was hältst du vom bedingungslosen Grundeinkommen?
»Genauso viel wie vor der Krise: nichts. Mehr noch. In der aktuellen Situation halte ich so eine Forderung für geradezu fahrlässig. Dringend finanzielle Unterstützung benötigen Leute, die von einem Tag auf den anderen ohne Einkommen dastehen. Aber doch bitte nicht diejenigen, die alleine von den Zinsen auf ihrem Konto leben können. Ein Hauptargument gegen das bedingungslose Grundeinkommen: Es behandelt Ungleiche gleich.
Klar ist, dass ein Grundeinkommen von 400 Euro pro Monat kein Mensch braucht. Das wäre nicht mehr als eine Elendsversorgung. Zumal ein Teil der Modelle für ein bedingungsloses Grundeinkommen im Gegenzug die Abschaffung aller Sozialleistungen vorsieht. Geht man von einem Grundeinkommen in einer halbwegs anständigen Höhe von 1.200 Euro pro Monat aus, beliefen sich die Kosten auf schätzungsweise 1,2 Billionen Euro pro Jahr. Mehr als der gesamte Sozialetat. Stellt sich die Frage: Woher soll das Geld kommen? Angesichts der realen Kräfteverhältnisse ist eine Finanzierung über eine Umverteilung von oben nach unten illusorisch.
Harald Pürzel, Konzernbetriebs ratsvorsitzender Südwestdeutsche Medien Holding und Süddeutscher Verlag, Vorsitzender des ver.di-Bezirks München
Die Realität sieht doch so aus, dass es uns immer schwerer fällt, flächendeckende Tarifverträge durchzusetzen. Mit anderen Worten: Wir schaffen es schon jetzt nicht, den wachsenden Reichtum fair zu verteilen. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Grundeinkommen vor allem über höhere Steuern finanziert würde – bei prozentual gleicher Verteilung der Steuerlast. Beschäftigte mit mittleren Einkommen – von der Krankenschwester bis zum Facharbeiter – stünden deshalb am Ende wohl sogar schlechter da: Die zusätzlich zu zahlende Steuer wäre höher als das Grundeinkommen. Wer für mehr Gerechtigkeit sorgen will, sollte dazu beitragen, dass Gewerkschaften wieder flächendeckend vernünftige Löhne durchsetzen.«