Titel

Unternehmerangriff auf Tarifverträge

Angeblich zu komplex | Unternehmen sollen sich Module herauspicken dürfen | Schlechtere Arbeitsbedingungen durch Öffnungsklauseln

Eine neue PR-Strategie, aber alte Inhalte: Damit gehen Unternehmerverbände der Druckindustrie und Papierverarbeitung zurzeit in Gespräche mit ver.di. Nach außen beteuern sie, wie wichtig ihnen Tarifverträge sind. Die müssten allerdings modernisiert und zukunftsfest gemacht werden. Das soll mit Modulen gelingen. Die Idee dazu stammt von der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), dem Dachverband der Unternehmerverbände aus der privaten Wirtschaft. Statt einen gesamten Tarifvertrag anzuerkennen, sollten sich Betriebe einzelne Bestandteile, Module, herauspicken dürfen.

Wie es dem Unternehmer passt

Heutige Tarifverträge seien vielfach zu »komplex«, sagte BDA-Präsident Ingo Kramer zur Begründung. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber, so Kramer, würden einzelne Module gern übernehmen, etwa den Entgelttarifvertrag, schreckten aber vor »den strengen, betriebsfernen Arbeitszeitregularien« zurück. Übersetzt heißt das: Sie wollen möglicherweise tariflich bezahlen, aber länger arbeiten lassen. Das ganze Regelwerk sei zu knifflig, behauptet auch Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger: »Der Tarifvertrag der Zukunft muss einfacher und flexibler sein.« So, dass man die Module auch nur teilweise anwenden könne, wie es eben für den Betrieb passe.

Für die Unternehmer wäre ein solcher Tarifvertrag eine Menükarte, aus der sie sich das passende Gericht heraussuchen dürften. Die Belegschaften müssten schlucken.

Lippenbekenntnisse

Warum aber legen Unternehmerverbände auf einmal Wert auf Tarifbindung? Weil sie von der Politik eingefordert wird und tarifgebundenen Unternehmen Vorteile gegenüber tariflosen zugestanden werden, etwa im Entgeltgleichheitsgesetz. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat kürzlich vorgeschlagen, tarifgebundenen Unternehmen Steuerrabatte zu gewähren.

Die Idee mit den Modulen haben auch die Unternehmerverbände der Druckindustrie und Papierverarbeitung aufgegriffen. Ihre PR-Strategie: ein Lippenbekenntnis zum Tarifvertrag, aber mit einschneidenden Verschlechterungen durch Öffnungsklauseln. So will der Bundesverband Druck und Medien Flexi-Module: längere Arbeitszeiten, weniger Zuschläge. Am liebsten nur mit dem Betriebsrat oder direkt mit der Belegschaft ausgehandelt.

Mehr dazu hier