Strichätzung

Germany’s next Top-Sozi

Weltweit gibt es neue Protestbewegungen. In Großbritannien schaffen Harry und Meghan die Monarchie ab – zumindest für sich! Und selbst bei uns hat die Hauptstadtpresse Angst vor Revolution. Warum? Die SPD hat ihre neuen Vorsitzenden diesmal gecastet: »Germany’s next Top-Sozi.« Wobei die SPD-Führung seit Jahren miteinander umgeht, als wäre sie bei Heidi Klum in die Lehre gegangen: »Ich bin nicht hier, um Freunde zu gewinnen, sondern um das Ding hier zu gewinnen!« Das hat dann das Duo Borjans–Esken und nicht der Scholzomat. Schon zittert, schäumt und hetzt die Hauptstadtpresse gegen einen vermeintlichen Linksruck. In der SPD? Im Ernst? Es gilt immer noch die Pathologen-Weisheit: Eine Leiche kann dem Obduktionsbericht nicht widersprechen. Die Frage muss doch lauten: Warum eine Doppelspitze? Hoffen sie, mit zwei Chefs zweimal so viele Stimmen zu bekommen? Warum nicht gleich ein Elferrat? Ich stelle mir vor, Kevin Kühnert schleicht nachts durch die SPD-Zentrale und sucht Rat im Zwiegespräch mit der Statue von Willy Brandt – so wie Goethes Faust einst mit dem Erdgeist. Kühnert sagt: »O Willy, ich wär’ so gern wie Du: Ein Sozi von echtem Schrot und Korn. Wer bin ich und, wenn ja, warum?« Willy antwortet: »Kevin-Justin, äh, Kühnert, als Sozi musst Du anders fragen: Bist Du Teil von jener Kraft / die stets das Gute will und stets das Böse schafft?« Da kommen die Hexen – gespielt von Gesine Schwan, Sigmar Gabriel und Martin Schulz – geflogen: »Du musst versteh’n! / Aus einem Wähler machst du zehn.« Kühnert: »Da steh ich nun, ich armer Tor / und bin so klug als wie zuvor. Was, wenn selbst die Doppelspitze scheitert?« Brandt: »Du musst es machen, Kevin, das ist klar / außer dir ist ja niemand mehr da.« Kühnert: »Und was, wenn auch ich in Intrigen / lieg’ am Ende selbst danieden?« Willy: »Dann bleibt nur noch die achtjährige Tochter von Andrea Nahles.«

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