Unterwegs zum Berufsschullehrer
Siegbert Schwab unterrichtet den Nachwuchs in Neumünster
Einen Kaffee hat er schon bereitgestellt. Ab und an kommt eine Kollegin ins Lehrerzimmer, ein Schwatz über die laufenden Prüfungen und schon bald geht es durch die Gänge der Landesberufsschule Medien und Drucktechnik. Hier im regionalen Berufsbildungszentrum in Neumünster scheint Siegbert Schwab zwar nicht jeden der fast 2.800 Schülerinnen und Schüler, aber doch jeden Winkel zu kennen. Vor allem weiß er, was sie lernen sollten und was sie erwartet, die hier nachwachsenden Medientechnologen, Buchbinderinnen, Druckverarbeiter.
Vom Drucker zum Lehrer
Der 59-Jährige kam von der politischen Arbeit zum Beruf: »Es gab ja so viele Flugblätter, die gedruckt werden mussten.« Er ließ sich zum Offsetdrucker umschulen. Und als sich der Mangel an Berufsschullehrern im Druckbereich abzeichnete, entwickelte die Universität in Wuppertal auf Initiative der IG Medien – und mit seiner Unterstützung – einen Lehramtsstudiengang. »Ich war einer der Ersten.«
Nach Norddeutschland zog ihn das Leben 2005 – zu verlockend war die Möglichkeit, das Berufsbildungswerk im Bereich Druck und Medien maßgeblich mitzugestalten und angehende Meister/innen und Fachwirte auszubilden: »Neumünster ist die Zentrale für Aus- und Weiterbildung.« In der Tat: Aus ganz Norddeutschland kommen die Schüler/innen, nach Neumünster müssen sie alle.
Insgesamt werden weniger Drucker ausgebildet, auch in der Verlagsmetropole Hamburg. Größere Betriebe im Norden lassen sich an einer Hand abzählen. »Früher hatten wir drei Druckerklassen: Bogen, Rolle, Flexo. Heute sind alle 30 in einer Klasse« – das drücke auf die Qualität. Und der hohe Anteil junger Männer mit »Verhaltensauffälligkeiten« mache den Unterricht mitunter auch anstrengend. Wie sich sozialer Abstieg durch Bildung verhindern lassen kann, treibt Schwab schon lange um: Oberstufenzentren, die ein technisches oder wirtschaftliches Abitur mit beruflichem Bezug ermöglichen, seien der richtige Weg.
»Verkauft euch nicht unter Wert!«
An Stellen mangele es nicht: »Um die Guten wird gekämpft!« Aber bei Stundenlöhnen weit unter Tarif treibe es die jungen Leute nach der Ausbildung oft in andere Berufe. Dabei, schwärmt Schwab, sei das Leben ohne alles Gedruckte doch fad. »Drucker sind technisch versiert, arbeiten an teuren Geräten und tragen hohe Verantwortung.« Deshalb schärft der Gewerkschafter – als Lehrer in der GEW und als Drucker bei ver.di – dem Nachwuchs ein: »Verkauft euch nicht unter Wert! Tarif muss mindestens sein!«
Allmählich tritt Schwab kürzer. Gemeinsam mit seiner Frau macht er einmal im Monat eine Kultursendung im Freien Radio Neumünster: »Politik spielt da keine Rolle.« Na,ja, fast: Zum
1. Mai gab es Reden und Arbeiterlieder.