Aus den Betrieben

Mehr als der Pinguin im Zoo

Görres-Druckerei: Lohnplus und die 35-Stunden-Woche

Während der Arbeitgeberverband den gesamten Manteltarifvertrag gekündigt hat und von der 35-Stunden-Woche über Zuschläge bis zur Maschinenbesetzung alles in Frage stellt, geht ein Druckunternehmen aus Neuwied den umgekehrten Weg: Die Görres-
Druckerei hat für die rund 85 Beschäftigten einen Haustarifvertrag mit ver.di verlängert.

Darin ist eine stufenweise Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden festgelegt. Seit Juli werden bereits nur 36 Stunden gearbeitet, ab 1. April 2019 wird um eine weitere halbe Stunde verkürzt, die letzte Stufe ist im April 2020 erreicht. »Es war der Belegschaft am allerwichtigsten, dass die unbezahlte Arbeit abgeschafft wird«, sagt Betriebsratsvorsitzender Thomas Dörr. Als die damals tariflose Görres-Druckerei vor wenigen Jahren den Printbereich der tarifgebundenen Raiffeisendruckerei übernommen hatte, brachten die Raiffeisendrucker bereits 2,5 Stunden unbezahlte Arbeit mit, die dort im Jahr 2008 eingeführt worden war.

Bis zu drei Prozent mehr

Darüber hinaus gibt es jedes Jahr 60 Euro mehr, nicht einmalig, sondern als dauerhafte Lohnerhöhung und das über drei Jahre. »Das entspricht bei den Helfern in der Weiterverarbeitung einem Lohnplus von bis zu drei Prozent«, erklärt Dörr. Ein Festbetrag sei ein gutes Instrument, um das Entgelt unterer Einkommen anzuheben. Ausgenommen sind davon die Auszubildenden, die von der tariflichen Ausbildungsvergütung profitieren.

Auch die Lohnsteigerung war den Beschäftigten wichtig. »Es ist auch nicht besonders gut bei der Belegschaft angekommen, dass für den Pinguin im Neuwieder Zoo eine 500-Euro-Patenschaft übernommen worden ist, sie aber alljährlich zu Weihnachten mal mit einem T-Shirt, einer Tasse oder einem Lotterielos abgespeist wurden.«

Trotz der Steigerungen liegt das Einkommen bei Görres noch unter dem Beschäftigten mit Flächentarifvertrag, zumal das 
Urlaubsgeld und die Jahresleistung wegfallen. Im Gegenzug sind betriebsbedingte Kündigungen bis 2022 ausgeschlossen.

Nicht geizen

Bis der Haustarifvertrag abgeschlossen werden konnte, war jedoch erst die Verweigerungshaltung des Unternehmens zu überwinden, das nur mit dem Betriebsrat, nicht aber mit der Gewerkschaft verhandeln wollte. Doch es sind immer mehr Beschäftigte in 
ver.di eingetreten, die deutlich gemacht haben, dass sie eine Tarifbindung haben wollten. »Das Unternehmen investiert Millionenbeträge in neue Technik; da sollte es bei der Belegschaft nicht geizen«, sagt Thomas Dörr. Der Familienbetrieb in Neuwied gehört mit einem jährlichen Umsatz von 14 Millionen Euro zu den größten Druckereien von Rheinland-Pfalz. Dort werden Broschüren, Kataloge und Flyer hergestellt sowie Faltschachteln und Displays.