»Moosbüffel« verteidigen ihren Tarif
Aktive Verdianer bei Mondi im oberpfälzischen Eschenbach werben Mitglieder | Unbezahlte Arbeitszeit und Abstriche bei der Jahresleistung abgewehrt
Wortkarg, aber beständig – die Belegschaft von Mondi in Eschenbach
Ein Patentrezept hat Monika Künneth nicht. Wie sie es schafft, so viele Mitglieder bei Mondi für ver.di zu werben, kann sie sich nicht erklären. Monika Künneth arbeitet bei dem weltweit aktiven Konzern der Papierverarbeitung und -herstellung in der Qualitätssicherung. Den Nicht-Mitgliedern versucht sie vor allem eins weiterzugeben: »Ich bin nicht allein!« Und wenn man doch einmal wegen betrieblicher Probleme quasi in ein Loch sinke, »dann ist die Gewerkschaft die Hand, die mich hochzieht.«
»Uns wird nichts geschenkt«
Betriebliche Probleme – die gab und gibt es bei Mondi Eschenbach in Fülle. Bis 2012 war der Betrieb ohne Tarifbindung – wie die meisten der mehr als ein Dutzend Mondi-Produktionsbetriebe in Deutschland. Dann gab es einen Haustarifvertrag und schon ein gutes Jahr später forderte die damalige Geschäftsführung einen Sanierungstarifvertrag – weil ihr der Gewinn nicht hoch genug war. Als Antwort rief ver.di zu Versammlungen und konnte die Belegschaft davon überzeugen, dass nur mit einem hohen Organisationsgrad und Entschlossenheit der Tarifvertrag zu sichern war. So konnten die knapp 200 Beschäftigten längere, unbezahlte Arbeitszeiten und Abstriche bei der Jahresleistung verhindern.
Doch die Probleme blieben: Im Mai 2017 wollte Mondi erneut einen Sanierungstarif, um Renditeziele des Konzerns zu erreichen. Doch die ver.di-Mitglieder aus Betriebsrat, Verwaltung und Produktion wussten ja nun, wie man sich wehrt, zogen los und warben weitere Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Aktuell steht nur noch ein gutes Viertel der Belegschaft außerhalb der Gewerkschaft; inzwischen gibt es Abteilungen, die zu hundert Prozent organisiert sind. In den vielen Mitgliederversammlungen wurde das Selbstverständnis der Kollegen und Kolleginnen deutlich, erzählt ver.di-Sekretär Pascal Attenkofer. Ihr Leitspruch heißt: »Uns wird nichts geschenkt. Wir haben nichts zu verschenken.«
Und die Werber machen weiter, wie Andreas Horn berichtet, Leiter der Instandhaltung: »Viele kommen aus Kleinbetrieben zu uns. Die kennen gar keine Gewerkschaft.« Denen müsse man gewerkschaftliches Denken erst vermitteln. Schwierig sei die Werbung auch unter den vielen Außendienstlern: »Die bekommen wir kaum zu Gesicht.« Und bei den höheren Angestellten sei‘s aussichtslos. Doch unter der Hand verrät jemand anderes, dass es auch dort ein erstes Mitglied gibt.
Starke Belegschaft
Andreas Horn kennt auch kein Patentrezept für die Mitgliederwerbung. Aber: »Wir sprechen miteinander, auch mit Kollegen aus anderen Abteilungen.« Er hat erfahren, dass viele Beschäftigte deshalb noch nicht Mitglied waren, weil sie zu wenige Informationen über ver.di hatten. Und: »Erst einmal muss man selbst fest von der Gewerkschaftsmitgliedschaft überzeugt sein,« ergänzt Uwe Winkler aus dem Versand, der seit 1991 bei Mondi arbeitet.
Wer welche Kollegen und Kolleginnen anspricht – dazu gab es keine Absprachen. Aber hört man sich um, so fällt immer wieder der Name Thomas Schraml, gerade im Amt bestätigter Betriebsratsvorsitzender, der in aller Bescheidenheit seine zentrale Rolle bei der Mitgliederwerbung herunterspielt. Selbstironisch erinnert er an die Bezeichnung der Oberpfälzer als »Moosbüffel«: wortkarg, aber beständig und geradeaus.
Und so geht die starke Belegschaft in der Oberpfalz beständig und geradeaus ihren Weg zur Verteidigung ihres Tarifs. Einer der Werber lässt auch das Wort »Streik« für den Fall des Falles fallen. Wortkarg ist die Reaktion auf Verkaufsgerüchte. Sollte es dazu kommen, »dann ist auf unserer Arbeitskleidung halt ein anderes Logo.«