Dreimal Nein zur Betriebsrente
Neues Gesetz bringt keine Verbesserung | Besser wäre die Stärkung der gesetzlichen Rente
Ein dreifaches Nein, so lauteten die Antworten auf den meisten Fragebögen, die ver.di an Betriebsräte in Betrieben der Druckindustrie und der Papierverarbeitung verschickt hatte. Anlass war ein neues Gesetz, das Betriebsrenten fördern soll. Angesichts der aktuellen Nein-Antworten scheint das dringend notwendig.
Nicht mal ein Zuschuss
Nein kam auf die Frage, ob der Arbeitgeber für alle Beschäftigten – ohne Ausnahme – eine Betriebsrente finanziere. Ein Nein auf die Frage, ob der Arbeitgeber wenigstens einen Zuschuss für eine betriebliche Altersvorsorge leiste. Schließlich ein Nein, ob es zumindest andere Formen einer betrieblichen Altersvorsorge gebe. Und wo es kein Nein gab, gingen einzelne Regelungen selten über eine Altersvorsorge hinaus, die die Beschäftigten selbst bezahlen mussten.
Nur ausnahmsweise zahlt allein der Arbeitgeber Beiträge für eine Betriebsrente. Zum Beispiel C.H.Beck in Nördlingen: Je nach Gehaltsgruppe und Dauer der Betriebszugehörigkeit garantiert das Unternehmen seinen Beschäftigten eine Betriebsrente zwischen rund 126 und 260 Euro. Andere Unternehmen gewährleisten keinen Rentenbetrag, sondern nur die Beitragshöhe: Der Ravensburger Spieleverlag entrichtet monatlich zwischen knapp 71 und 141 Euro.
»Die Bundesregierung hätte besser die gesetzliche Rente aufgewertet, statt weiterhin auf kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme zu setzen.«
Andreas Fröhlich, ver.di
Kein Geschenk
Smurfit Kappa in Brühl bei Köln zahlt im Monat 50 Euro. Doch zufrieden ist Betriebsratsvorsitzender Uwe Knorr damit nicht: »Das ist kein Geschenk.« Zwar sei der Konzerntarifvertrag zur Altersvorsorge schon gut. »Aber – ganz ehrlich – lieber würde ich im Monat 150 oder 200 Euro mehr in die Rentenkasse einzahlen, um später eine bessere Rente zu erhalten.« Noch lieber wäre es Knorr, wenn er wöchentlich nur 35 Stunden arbeiten müsste. Denn der Tarifvertrag war 2013 der Preis dafür, dass die Smurfit-Kappa-Beschäftigten zwei Stunden länger arbeiten als im Manteltarifvertrag vereinbart.
Kritik am Gesetz
Auch Andreas Fröhlich, bei ver.di für die Papierverarbeitung und die Druckindustrie zuständig, hält viele Regelungen für zu kurz gesprungen. Denn es bleibe ein grundsätzliches Problem: »In den allermeisten Fällen führen die Regelungen nicht dazu, dass die Beschäftigten in der Rente ihren Lebensstandard erhalten können.« Daran ändert auch das zum 1. Januar 2018 in Kraft getretene neue Rentengesetz nichts. Danach könnten allenfalls bei den untersten Helfertarifen Arbeitgeber von staatlichen Zuschüssen profitieren (die für untere Lohngruppen bei einem Lohn bis zu 2.200 Euro im Monat zwischen 72 und 144 Euro betragen). »Die Bundes regierung hätte besser die gesetzliche Rente deutlich aufgewertet, statt weiterhin auf kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme zu setzen«, kritisiert Fröhlich das neue Gesetz.
Hintergrund
Neues Gesetz zu Betriebsrenten
Die Begründung der vorigen großen Koalition für das sogenannte Betriebsrentenstärkungsgesetz hieß: »Betriebsrenten sind noch nicht ausreichend verbreitet.« Besonders »in kleinen Unternehmen und bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen bestehen Lücken.« Der Ausweg: Es sollen »neue Wege« gegangen werden. Der Arbeitgeber muss nicht mehr eine bestimmte Höhe für eine spätere Leistung zusagen, sondern nur noch die Höhe der (bezuschussten) Beiträge. »Das Kapitalanlagerisiko tragen damit allein die Beschäftigten«, kritisiert Rentenfachmann Johannes Steffen, Betreiber des Internetportals www.sozialpolitik-portal.de
Lauter Fehler
Bei einer allerdings nicht repräsentativen Überprüfung von über 1.000 Verträgen für Betriebsrenten stellte eine Beratungsgesellschaft fest, dass kaum eine Regelung ohne Fehler war. Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Beschäftigte liefen Gefahr, Nachzahlungen leisten zu müssen.