Hintergrund

Entgeltgerechtigkeit

Was Betriebsräte tun müssen

Transparenz ist der erste Schritt, um herauszufinden, ob es im Betrieb gerecht zugeht. Betriebsräte sollten sich die Lohn- und Gehaltslisten anschauen: Wie viele Frauen und wie viele Männer sind in welchen Tarifgruppen eingruppiert? Wie viele von ihnen erhalten Zuschläge und in welcher Höhe? Wie viele sind auf außertariflichen Arbeitsplätzen eingesetzt und wie werden sie bezahlt?

Jetzt sollten die Zahlen analysiert werden. Verdienen Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis zu Vollzeitkräften weniger? Das wäre nicht rechtens. Sind auffällig viele Frauen in unteren Lohngruppen? Hier lohnt es sich zu überprüfen, ob erstens die Anforderungen an die Tätigkeit richtig beschrieben sind.

Oder zweitens: Ob Merkmale fehlen, die eine Höhergruppierung rechtfertigen. Werden junge Männer nach etlichen Jahren ihrer Ausbildung grundsätzlich besser bezahlt als junge Frauen? Dann sollten Betriebsräte prüfen, ob junge Männer eher befördert werden und ihnen eher Qualifizierungsmöglichkeiten angeboten werden als jungen Kolleginnen.

Aufgabe von Betriebsräten ist es auch, auf die richtige Eingruppierung zu achten. Dazu gehört es zu prüfen, ob die Stellenbeschreibung alle Anforderungen am Arbeitsplatz erfasst.

Nach dem neuen Entgelttransparenzgesetz kann sich eine Frau in tarifgebundenen Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten an den Betriebsrat wenden, wenn sie wissen möchte, wie hoch das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt einer Vergleichsgruppe ist. Voraussetzung: Mindestens sechs männliche Kollegen üben eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit aus. Der Betriebsrat reicht die Anfrage anonym an die Personalabteilung weiter.

Was Gewerkschaft tun soll

Die gute Nachricht: In tarifgebundenen Unternehmen ist die Lücke zwischen Männer- und Frauengehältern kleiner als in tariflosen. Die schlechte Nachricht: Auch in Tarifverträgen verstecken sich Ungerechtigkeiten. Beispiel: Wenn die Belastung bei einer (Männer-)Tätigkeit immer nur als Muskelbelastung verstanden wird. Und Belastungen von Nerven und Sinnen, physische Anforderungen wie ständiges Stehen oder Sitzen oder sich ständig wiederholende Vorgänge bei Tätigkeiten von Frauen nicht bewertet und nicht honoriert werden.

Anderes Beispiel: Hier die Tätigkeit einer kaufmännischen Sachbearbeiterin, dort die eines Facharbeiters. Beide Tätigkeiten erfordern eine Berufsausbildung. Doch die Ausbildung zu überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten scheint weniger wert zu sein als die von Männern. Denn er erhält ein paar Hundert Euro im Monat mehr als sie. Solche Ungerechtigkeiten auch in Tarifverträgen erkannte Karin Tondorf, Forscherin zu Entgelt- und Gleichstellungspolitik. Auf Wunsch von ver.di hatte sie 2004 Tarifverträge in Verlagen und der Druckindustrie unter die Lupe genommen. Einige Kritikpunkte gibt es in den Tarifverträgen noch heute. Das zu verändern, bleibt weiterhin Aufgabe von ver.di.

Was Frauen tun können

Frauen können auch selbst dafür sorgen, dass sie gerechter als jetzt bezahlt werden. Wer den Arbeitsplatz wechselt oder neu in den Beruf einsteigt, sollte sich nach dem Entgelt erkundigen. Was wird üblicherweise in der Branche bezahlt? Das lässt sich mit dem Lohn- und Gehaltscheck über www.frauenlohnspiegel.de ermitteln.

Und bei http://entgeltatlas.arbeitsagentur.de. Wie hoch das tarifliche Entgelt ist, erfahren Gewerkschaftsmitglieder bei ver.di.

Nach der Rückkehr aus der Elternzeit werden Frauen manchmal zurückgestuft. Das verbietet die EU-Elternurlaubsrichtlinie (2010/18/). Auch Frauen, die schon länger bei einem Unternehmen beschäftigt sind, können checken, ob sie nicht längst mehr leisten und mehr Anforderungen bewältigen, als es die Entgeltgruppe vorsieht. Tipp: beim Betriebsrat nachfragen.

Der Kollege macht die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit? Einfach mal fragen, was er bekommt. Klauseln im Arbeitsvertrag, die Beschäftigten verbieten, über ihr Entgelt zu reden, sind nicht zulässig. Das hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2009 entschieden (Aktenzeichen: 2 Sa 237/09). Eine solche Klausel würde Beschäftigte daran hindern festzustellen, ob sie beim Entgelt benachteiligt werden.