Arbeit

24-Stunden-Streik 
bei Wallcover in Giesen

Tapetenfabrik lahmgelegt | Forderung nach Haustarifvertrag | 
ver.di spricht von Hinhaltetaktik | Proteste zeigen Wirkung

Der Streik ist nicht aufzuhalten – der erste in der Tapetenfabrik Wallcover in Giesen seit fast 20 Jahren. Auch wenn die Geschäftsführung noch einen Tag zuvor zur Belegschaftsversammlung einlädt. Und droht: Der Streik sei rechtswidrig. Wer dennoch die Arbeit niederlege, verletze seinen Arbeitsvertrag, habe während des Streiks keinen Anspruch auf Entgelt und nehme arbeitsrechtliche Folgen in Kauf. Was nichts anderes heißt, als dass jemand mit seiner Entlassung rechnen müsse. All das hat die Geschäftsführung sicherheitshalber aufgeschrieben. »Hinweis an Arbeitnehmer zu rechtswidrigem Streik« lautet die Überschrift, wichtige Sätze sind fett gedruckt. Man möge sich beim Hinausgehen ein Exemplar mitnehmen, forderten der neue Geschäftsführer und die Verwaltungsleiterin die Beschäftigten auf.

Alle Maschinen abgeschaltet

Wenn das ein Versuch war, die Belegschaft von Wallcover von der Arbeitsniederlegung abzuhalten, ist er gescheitert. 24 Stunden streikten die Kollegen und Kolleginnen. In der Produktion machten fast alle mit, sämtliche Maschinen blieben abgeschaltet. Die Stimmung sei großartig gewesen, erzählt einer. Von Verängstigung keine Spur.

Die Beschäftigten fordern einen Haustarifvertrag mit Regelungen, wie sie im Flächentarifvertrag der Papierverarbeitung üblich sind. Vor allem die 35-Stunden-Woche. Jetzt arbeiten die knapp 130 Beschäftigten 2,5 bis 3 Stunden gratis. Das war vor acht Jahren als Übergangsregelung zur Sanierung des Betriebs eingeführt worden, aber nie zurückgenommen worden, erklärt Gewerkschaftssekretär Peter Dinkloh. Wallcover ist tariflos und nicht Mitglied im Unternehmerverband.

Einschüchterung wirkungslos

ver.di forderte Wallcover zu Tarifverhandlungen auf, doch zu mehr als einem Treffen war es nicht gekommen, sagt Dinkloh. »Der Arbeitgeber versucht, die Tarifbindung zu verhindern, indem er die Gesprächstermine hinauszögert.« Er spricht von Hinhaltetaktik.

Zudem habe die Geschäftsführung versucht, Beschäftigte einzuschüchtern, indem Einzelne am Arbeitsplatz aufgesucht und nach ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft befragt wurden. Sie habe auch versucht, Dinkloh daran zu hindern, den Betrieb zu betreten, obwohl es einem Gewerkschaftssekretär keineswegs verwehrt werden kann, Mitglieder im Betrieb aufzusuchen. Ihm wird außerdem Hausfriedensbruch vorgeworfen.

Nachdem die örtliche Zeitung über den Streik berichtet hatte, hatte sich das Unternehmen mit einer eigenen Stellungnahme an die Redaktion gewandt. Die Firma orientiere sich sehr wohl am Manteltarifvertrag, heißt es dort. Sie zahle die tarifliche Jahresleistung und auch das Urlaubsgeld. Alle Lohnerhöhungen, so heißt es in der Zeitung, habe man mitgemacht. Man sei deshalb nicht im Verband, weil der überwiegend aus größeren Firmen bestehe, die anders strukturiert seien. Den Vorwurf, Gespräche zu verschleppen, weist die Geschäftsführung zurück.

Der Streik zeigte Wirkung: Inzwischen gibt es einen Gesprächstermin, der allerdings nach Druck der DRUCK+PAPIER stattfindet.