Arbeit

Tapete tötet Keime

Geeignet für Krankenhäuser und Altersheime | Vom Firmenchef entwickelt | Erfindung der Marburger Tapetenfabrik |

Firmenchef Ullrich Eitel hat die keimtötende Tapete selbst entwickelt.

Tapeten in Krankenhäusern und Altersheimen sind wahre Keimschleudern. Millionen von Keimen – darunter auch die gefürchteten multiresistenten Erreger – tummeln sich auf den Wandbelägen. Und während Fußböden und Betten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden, kann man Krankenhauswände in der Regel noch nicht einmal abwischen. Das soll sich ändern, findet Ullrich Eitel, Geschäftsführer der Marburger Tapetenfabrik. Der Firmenchef hat eine Tapete entwickelt, mit der die Keime abgetötet werden. Ein Jahr lang hat er dafür getüftelt und experimentiert. Jetzt ist Keimex in der Pilotphase. Im Herbst kommt die Neuheit auf den Markt.

In Altersheimen in Marburg, Wetzlar und Wetter sowie in einem Patientenzimmer der Marburger Universitätsklinik wird die Tapete getestet. Das selbst für Fachleute überraschende Ergebnis: Der Wandbelag reduziert die Zahl der Keime auf den Wänden um 64 Prozent. Zudem lässt sich die Tapete abwaschen. Bestätigt wurde die hohe Wirksamkeit von einem führenden deutschen Krankenhaushygieniker sowie einem belgischen und einem deutschen Forschungsinstitut. Die Rezeptur verrät Ullrich Eitel nicht. Nur 
so viel: Auf die Tapeten wird eine Emulsion aufgetragen, die auf Silberionen basiert, aber sehr speziell zusammengesetzt ist.

Der Unternehmenschef will mit der Erfindung nicht nur ein hygienisches, sondern auch ein wirtschaftliches Problem lösen. Seit einigen Jahren kämpft die Marburger Tapetenfabrik mit Auftragseinbußen. Vor allem das Exportgeschäft, das 60 Prozent des Umsatzes ausmacht, ist durch Zölle, Abgaben und Konkurrenz vor Ort eingebrochen. Das gilt etwa für den wichtigen russischen Markt. In den vergangenen vier Jahren wurden 
50 Arbeitsplätze durch Frühverrentung und Fluktuation abgebaut. Die verbliebenen 330 Mitarbeiter werden nach Tariflohn bezahlt.

In 17 Farben

Ullrich Eitel verspricht sich viel von der antibakteriellen Neuheit. Weil Malerkosten für das Bestreichen der Glasfaser entfallen, ist Keimex nicht teurer als herkömmliche Glasfasertapeten. Die in 17 Farben erhältliche neue Tapete kommt fertig beschichtet aus der Produktion. Es gibt sieben Jahre Garantie.

Der keimfreie Wandbehang ist typisch für die Ideen der mehr als 170 Jahre alten Tapetenfabrik, die als Innovationsführer in der Branche gilt: So brachte das Unternehmen schadstofffreie Wandbeläge, Alarmtapeten, eine Tapete mit Leuchtelementen und sogar eine abhörsichere Tapete heraus. Bei den Art-Kollektionen kamen surreale Frauenakte von Paul Wunderlich, Nana-Tapeten von Niki de Saint Phalle sowie Allen Jones’ »Right-Hand-Lady«-Tapete ins Programm. Aktuell arbeitet Eitel mit Künstlern wie Luigi Colani, Harald Glööckler und Nena zusammen.