Jetzt schon an die Wahlen denken
Eigentlich müssten die Volksvertreter/innen neidisch sein. Denn an keiner demokra tischen Wahl beteiligen sich so viele Menschen wie an Betriebsratswahlen. Im Durchschnitt machen fast vier Fünftel bei den Wahlen mit. Die hohe Beteiligung spricht dafür, dass Betriebsräte gut verankert und den Belegschaften wichtig sind.
2018 ist es wieder so weit: Vom 1. März bis 31. Mai stellen sich neue und erfahrene Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl. Gute Betriebsratsgremien sind längst mittendrin in der Vorbereitung. Sie bieten Workshops an für Unentschlossene und ziehen durch die Betriebe, um die pfiffige JAVlerin anzusprechen und den Vertrauensmann, der sich traut, auf der Betriebsversammlung zu sprechen.
Allerdings ist nicht alles vorbildlich. »Zu alt, zu männlich« titelte die Süddeutsche Zeitung nach den Betriebsratswah len 2014. Denn der Frauenanteil in den Betriebsratsgremien hängt bei 30 Prozent und das Durchschnittsalter ist zu hoch.
Wie kann das anders werden? Was tun Betriebsräte, um Nachfolger/innen zu finden? Das erzählen Betriebsratsmitglieder in unserer kleinen Serie bis zur Wahl.
Keine Angst vor neuen Aufgaben
Torsten Friedrich, Betriebsratsvorsitzender, Süddeutscher Verlag Zeitungsdruck, München
»Wenn es darum geht, neue Kandidaten für unseren Betriebsrat zu finden, haben viele Kollegen erst einmal großen Respekt vor dem, was da an Gesetzen und Vereinbarungen auf sie zukommt. Für die allermeisten ist das ja unbekanntes Terrain. Da können wir aber beruhigen: Die ver.di-Schulungen, an denen unsere Betriebsräte teilnehmen können, bereiten auf diese neuen Aufgaben wirklich bestens vor.
Dazu kommt: Wer neu in den Betriebsrat gewählt wird, hat hier auch viele Ansprechpartner, die zum Teil schon lange Jahre Erfahrung haben. Ich selbst bin seit 23 Jahren dabei. Das, was ich heute weiß, habe ich mir auch dank meiner Kollegen erarbeitet, die mich unter ihre Fittiche genommen haben. Dieses Wissen geben wir kontinuierlich weiter.«
Frauen gesucht
»Unseren Standort gibt es seit 50 Jahren, im Frühjahr 1962 wurde der erste Betriebsrat gewählt. Das heißt, dass dieses Gremium hier richtig gut verankert ist. Und ich glaube auch, dass wir kontinuierlich gute Arbeit machen – auch wenn sich dabei vieles verändert hat, seit das Unternehmen zum Konzern mit Standorten in 30 Ländern geworden ist.
Für unseren Betriebsrat hoffe ich, dass die Wahl 2018 uns wieder eine Frau bringt: Aus meiner Erfahrung tut uns der weibliche Blick gut. Die Gespräche laufen anders, wenn eine Frau mit am Tisch sitzt und eine andere Perspektive einbringt. Leider haben zu wenige unserer Kolleginnen Lust auf den Job – deshalb suche ich jetzt schon gezielt das Gespräch mit möglichen Kandidatinnen und versuche, sie zu überzeugen.«
Werner Kulack Betriebsratsvorsitzender, DS Smith Packaging Werk Minden